Zuviel Coun­terstrike gespielt?

Jedes Mal, wenn über den Mord­fall Lüb­cke berich­tet wird, taucht unwei­ger­lich das­sel­be Agen­tur­bild des Beschul­dig­ten samt zwei­er schwer bewaff­ne­ter Poli­zis­ten auf. Sach­li­che Grün­de für die­sen Auf­tritt sind schwer vor­stell­bar. Ist das nicht das Auf­tre­ten der Poli­zei, das sich Ter­ro­ris­ten immer wün­schen, die sich in einem ‚Krieg‘ gegen das ‚Sys­tem‘ sehen und nicht als arm­se­li­ge Gelegenheitsmörder?

Jedes­mal, wenn über den Mord­fall Lüb­cke berich­tet wird, taucht unwei­ger­lich das­sel­be Agen­tur­bild wie­der auf, hier in abge­schnit­te­ner Form auf Twit­ter und im ver­link­ten Arti­kel in vol­ler Größe.

Ich kann mir den Ver­dacht nicht ver­knei­fen, dass da jemand zuviel Coun­terstrike oder der­glei­chen gespielt hat. Ein SCAR wohl in Kali­ber 7,62 mm ist eine ziem­lich klo­bi­ge Waf­fe, mit der man auch auf Distanz Wir­kung ent­fal­ten kann, aber zum Her­um­tra­gen, wäh­rend man gera­de etwas ande­res macht, ist das ziem­lich viel Gewehr. „Zuviel Coun­terstrike gespielt?“ weiterlesen

Lynch­jus­tiz in der Zeitung

Frü­her war es in bes­se­ren Zei­tun­gen ein­mal üblich, vor den „Mör­der“ ein „mut­maß­lich“ zu set­zen, wenn die Vor­wür­fe nicht bewei­sen und die Ermitt­lun­gen noch am Lau­fen sind. Bei der FAZ ist das offen­bar nicht mehr notwendig.

Die FAZ schreibt im Unter­ti­tel eines Arti­kels: „Der Mord an dem jun­gen Jog­ger Ahmaud Arbe­ry ent­setzt vie­le Men­schen in Ame­ri­ka. Wie­der haben Wei­ße einen unbe­waff­ne­ten Schwar­zen erschos­sen, der ein­fach nur lau­fen woll­te.“ Für einen Arti­kel, der spä­ter (wenn auch in einem Zitat) noch das Wort vom „Lynch­mord“ auf­greift, ist die­se Art der Vor­ver­ur­tei­lung der einen Sei­te und des jour­na­lis­ti­schen Frei­spruchs der ande­ren ironisch.

Frü­her war ein­mal das Wort „mut­maß­lich“ üblich

Der Arti­kel sel­ber gibt zu:„den genau­en Ablauf der fol­gen­den Tat müs­sen nun die Ermitt­ler klä­ren.“ Frü­her war es da ein­mal üblich, immer­hin noch das Wort „mut­maß­lich“ vor den „Mord“ oder den „Mör­der“ zu set­zen. Die Ent­schei­dung des Staats­an­walts, nicht wei­ter zu ermit­teln, wur­de viel­fach kri­ti­siert, wohl auch zu Recht. „Lynch­jus­tiz in der Zei­tung“ weiterlesen

Dif­fa­ma­ti­on statt Argumentation

Ein Kom­men­tar in der FAZ beschreibt „Lin­ke, Rech­te, ver­irr­te Libe­ra­le, Anti­fa, Faschis­ten, Eso­te­ri­ker, Impf­geg­ner, Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker“ als „Covidio­ten“. Zu einer ratio­na­len Debat­te trägt das nicht bei.

Die FAZ hat einen Kom­men­tar von Micha­el Han­feld ‚Covidio­ten sind unter uns‘. Mit den ‚Covidio­ten‘ sind offen­bar all jene gemeint, wel­che bei den ‚Coro­na-Maß­nah­men‘ ernst­haf­te Pro­ble­me sehen und sie jeden­falls in ihrer gegen­wär­ti­gen Form und Begrün­dung ableh­nen. Die Front, der „Covidio­ten“, von der Herr Han­feld sich bedroht fühlt, ist in der Tat breit:

Lin­ke, Rech­te, ver­irr­te Libe­ra­le, Anti­fa, Faschis­ten, Eso­te­ri­ker, Impf­geg­ner, Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker. Sie okku­pie­ren die Debat­te. Sie ver­drän­gen ratio­na­les Nach­den­ken und Reden über ange­mes­se­nes staat­li­ches Handeln.

Micha­el Han­feld, ‚Covidio­ten sind unter uns‘, FAZ, 11.05.2020

Jetzt könn­te man eigent­lich mei­nen, dass Ein­wän­de, die von Lin­ken, Rech­ten und Libe­ra­len glei­cher­ma­ßen vor­ge­tra­gen wer­den, doch eine ratio­na­le Aus­ein­an­der­set­zung wert wären. „Dif­fa­ma­ti­on statt Argu­men­ta­ti­on“ weiterlesen

Die Geschlecht­lich­keit ist unan­tast­bar – außer mit dem Skalpell

Der Bun­des­tag hat ein Gesetz zum Schutz vor Kon­ver­si­ons­be­hand­lun­gen beschlos­sen. Es setzt ein zumin­dest begrün­dungs­be­dürf­ti­ges Men­schen­bild vor­aus. Die Aus­nah­men die­ses Geset­zes sind inter­es­san­ter als sei­ne Regel. Die Aus­nah­me für ‚medi­zi­nisch aner­kann­te Stö­run­gen‘ schiebt sitt­li­che Ent­schei­dun­gen auf angeb­li­che Exper­ten ab und wirft Fra­gen auf, wie man bei­spiels­wei­se mit Pädo­se­xu­el­len umzu­ge­hen gedenkt. Fäl­le wie der von Nathan Ver­helst wer­fen schwe­re Zwei­fel an der Ange­mes­sen­heit einer Aus­nah­me aus­ge­rech­net für schwe­re Ope­ra­tio­nen auf.

Der Bun­des­tag hat am 7. Mai einen Gesetz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung „zum Schutz vor Kon­ver­si­ons­be­hand­lun­gen“ ange­nom­men. Er ver­bie­tet angeb­li­che The­ra­pien mit dem Ziel der Ände­rung der sexu­el­len Ori­en­tie­rung oder der selbst­emp­fun­de­nen geschlecht­li­chen Iden­ti­tät bei Min­der­jäh­ri­gen, bei Voll­jäh­ri­gen mit „Wil­lens­man­gel“ und die Wer­bung für sol­che The­ra­pien. Die­ses Gesetz ist inter­es­sant einer­seits als Aus­nah­me von einer weit­ge­hen­den Tole­ranz für Alter­na­tiv­me­di­zin, ande­rer­seits auch wie­der mit sei­nen vor­ge­se­he­nen Aus­nah­men für schwers­te ope­ra­ti­ve Ein­grif­fe. Obwohl es um die Kon­ver­si­ons­the­ra­peu­ten nicht scha­de ist, offen­bart das Gesetz ein ver­que­res Ver­ständ­nis von Geschlecht­lich­keit und Persönlichkeit.

Der Man­gel an Serio­si­tät von selbst­er­nann­ten Hei­lern, die ver­spre­chen, aus Homo­se­xu­el­len Hete­ro­se­xu­el­le machen zu kön­nen, sogar nach Anlie­fe­rung durch die Fami­lie gegen den Wil­len der Betrof­fe­nen, bedarf kei­ner wei­te­ren Dis­kus­si­on. In lus­ti­ger Form wur­de das 1999 in der Sati­re ‚But I’m a Cheer­lea­der‘, in der deut­schen Fas­sung ‚Weil ich ein Mäd­chen bin‘, auf­ge­nom­men, und die Rea­li­tät scheint noch abge­dreh­ter zu sein als die Sati­re. „Die Geschlecht­lich­keit ist unan­tast­bar – außer mit dem Skal­pell“ weiterlesen

Spahn will nega­ti­ve Coro­na­tests mel­den lassen

Spät kommt die Ein­sicht, aber immer­hin: Die Bun­des­re­gie­rung will end­lich nega­tiv aus­ge­fal­le­ne Coro­na­tests mel­den las­sen. Das ist dann aber schon wie­der dem Daten­schutz­be­auf­trag­ten unrecht, und zwar nicht nur in kri­tik­wür­di­gen Details, son­dern über­haupt. So wird das nichts.

Manch­mal fällt der Gro­schen, wenn auch spät. Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn will mit einem sper­rig benann­ten ‚Zwei­ten Gesetz zum Schutz der Bevöl­ke­rung bei einer epi­de­mi­schen Lage von natio­na­ler Trag­wei­te‘ auch Details zu nega­ti­ven Tests auf SARS-CoV‑2 mel­den las­sen, und bekommt dafür prompt von den Daten­schüt­zern aufs Dach, auch von den Blog­gern. (Schon am 30. April, aber ich habe es erst jetzt gefun­den.) Heu­te berät der Bun­des­tag dar­über. Es ist dies einer der weni­gen sinn­vol­len Ein­fäl­le, die der Bun­des­re­gie­rung ziem­lich spät kom­men, und das soll dann auch wie­der nicht pas­sen, und zwar nicht nur in kri­tik­wür­di­gen Details, son­dern über­haupt. „Spahn will nega­ti­ve Coro­na­tests mel­den las­sen“ weiterlesen

Coro­na­vi­rus: Die Stra­te­gien gehen aus

Die Regie­rung schei­tert an der Umset­zung der „Tes­ten, Tes­ten, Testen“-Strategie zum Umgang mit dem neu­ar­ti­gen Coro­na­vi­rus. Damit gehen ihr so lang­sam die Stra­te­gien aus. Schlimms­ten­falls bekom­men wir das Schlech­tes­te aller Strategien.

Alex­an­der Kekulé hat einen Bei­trag in der Zeit, in dem er erheb­li­che Bauch­schmer­zen bezüg­lich einer raschen Öff­nung der Gesell­schaft äußert, gleich­zei­tig aber deren Not­wen­dig­keit aner­kennt, und als Weg dazu die inten­si­ve Rück­ver­fol­gung von Infek­ti­ons­ket­ten emp­fiehlt. An der scheint die Regie­rung aber zu schei­tern. Damit gehen so lang­sam die plau­si­blen Stra­te­gien aus.

Ohne jedes Ver­ständ­nis für die Implikationen

Am Anfang wur­de das Hash­tag #Flat­ten­The­Cur­ve gedro­schen, samt der zuge­hö­ri­gen Gra­phik, aber ohne jedes Ver­ständ­nis für die Impli­ka­tio­nen. Mit­te März war die Ansa­ge der Bun­des­kanz­le­rin „60 bis 70 Pro­zent in Deutsch­land wer­den sich infi­zie­ren“, und es ging dar­um, das über einen Zeit­raum zu stre­cken, so dass die Inten­siv­me­di­zin nicht zusam­men­bre­chen wer­de. „Coro­na­vi­rus: Die Stra­te­gien gehen aus“ weiterlesen

„Offe­ner Dis­kurs“ anno 1984

Es gehört ent­we­der ein sehr fei­ner Sinn für Iro­nie oder des­sen voll­stän­di­ge Abwe­sen­heit dazu, die Aus­lis­tung einer Mar­ke wegen miss­lie­bi­ger Äuße­run­gen ihrer Flagg­schiff­per­sön­lich­keit als Bei­spiel für „offe­nen Dis­kurs“ zu nehmen.

Das Zitat des Tages stammt vom Lebens­mit­tel­händ­ler Vitalia:

Die Fir­ma Vita­lia möch­te sich aus­drück­lich distan­zie­ren von den Ideo­lo­gien, die Atti­la Hild­mann zuletzt im Inter­net ver­brei­tet hat. Die­se Mei­nungs­äu­ße­run­gen ent­spre­chen nicht unse­rer Phi­lo­so­phie, wir ste­hen für einen offe­nen Diskurs.

Vita­lia-Mar­ke­ting­chef Ingo Bau­er, auf Focus

Klar, wer sei­ne Mar­ke damit auf­baut, den Bogen zu über­span­nen, muss damit rech­nen, dass er reißt. Es gehört aber ent­we­der ein sehr fei­ner Sinn für Iro­nie oder des­sen voll­stän­di­ge Abwe­sen­heit dazu, die Aus­lis­tung einer Mar­ke wegen miss­lie­bi­ger Äuße­run­gen ihrer Flagg­schiff­per­sön­lich­keit als Bei­spiel für „offe­nen Dis­kurs“ zu neh­men. „„Offe­ner Dis­kurs“ anno 1984“ weiterlesen

Spie­gel: „Ver­meint­li­cher Erfolg“ Israels

Der Spie­gel hat einen Arti­kel ‚Das steckt hin­ter dem ver­meint­li­chen Anti­kör­per-Erfolg in Isra­el‘. Dem Arti­kel nach ist es aller­dings durch­aus ein tat­säch­li­cher „Anti­kör­per-Erfolg“, auch wenn der medi­zi­ni­sche Wert des­sel­ben unklar sein mag. Täu­sche ich mich, oder gibt es da einen Mecha­nis­mus, nach­dem ein Erfolg auf die­sem Feld genau dann „ver­meint­lich“ genannt wür­de, wenn er ent­we­der aus den Ver­ei­nig­ten Staa­ten oder aus Isra­el stamm­te, ins­be­son­de­re wenn irgend­ei­ne Ver­bin­dung zu den Namen Trump oder Net­an­ya­hu bestünde?

Damen­fuß­ball und Diskriminierung

Die ame­ri­ka­ni­sche Damen­fuß­ball­mann­schaft ist mit einer Kla­ge gegen ihre angeb­li­che Min­der­be­zah­lung im Ver­gleich zur Her­ren­mann­schaft geschei­tert. Dabei ist schon die Exis­tenz einer Damen­mann­schaft dis­kri­mi­nie­rend. Die Ver­such, die­se Dis­kri­mi­nie­rung zu ver­hin­dern, führt sich sel­ber ad absurdum.

Die ame­ri­ka­ni­sche Damen­na­tio­nal­mann­schaft hat mit ihrer Kla­ge gegen den Fuß­ball­ver­band wegen angeb­lich geschlechts­dis­kri­mi­nie­ren­der Bezah­lung eine kra­chen­de Nie­der­la­ge erlit­ten. Es kam zu einem soge­nann­ten ’sum­ma­ry jud­ge­ment‘, was bedeu­tet, das ein Anspruch ohne die Not­wen­dig­keit einer Haupt­ver­hand­lung abge­wie­sen wird, weil der Anspruch auch dann nicht bestün­de, wenn alles, was der Klä­ger behaup­tet, zuträ­fe. Die Grün­de für die Abwei­sung sind eher tech­ni­scher Natur und haben damit zu tun, dass sowohl die Män­ner als auch die Frau­en jeweils als Kol­lek­tiv eine Art Tarif­ver­trag aus­ge­han­delt haben und die Ergeb­nis­se zwar anders sind, aber die Frau­en gar nicht unbe­dingt schlech­ter stel­len. Damit will ich mich hier nicht auf­hal­ten, son­dern der Fra­ge nach­ge­hen, was wäre, wenn tat­säch­li­che eine in ihrer Wer­tig­keit unglei­che Bezah­lung vor­lä­ge. „Damen­fuß­ball und Dis­kri­mi­nie­rung“ weiterlesen

Coro­na­vi­rus-Repro­duk­ti­ons­zahl nach Ländern

Hier ist eine Aktua­li­sie­rung mei­ner Schät­zung der Basis­re­pro­duk­ti­ons­zahl von SARS-CoV‑2 in ver­schie­de­nen Ländern

Hier ist ein­mal wie­der eine Aktua­li­sie­rung mei­ner Schät­zung der Basis­re­pro­duk­ti­ons­zahl von SARS-CoV‑2 in ver­schie­de­nen Län­dern. Wie im ers­ten Arti­kel mit den Schät­zun­gen die­ser Metho­de erklärt, han­delt es sich um die empi­ri­sche Basis­re­pro­duk­ti­ons­zahl der gemel­de­ten Infek­tio­nen. Deren Wachs­tum setzt sich zusam­men aus dem Wachs­tum der Zahl der wirk­lich Infi­zier­ten und dem Wachs­tum der Tests, plus Ver­än­de­run­gen dar­in, wer getes­tet wird. „Coro­na­­vi­rus-Repro­­duk­­ti­ons­­zahl nach Län­dern“ weiterlesen