In Virginia hat der Republikaner Glenn Youngkin die Gouverneurswahlen gewonnen. Einerseits hat sein Konkurrent Terry McAuliffe unklugerweise seinen Wahlkampf zu einem Referendum über die Präsidenten Trump und Biden gemacht anstatt Themen des Staates zu bearbeiten. Andererseits waren die Wähler einen immer härteren Kulturkampf der extremen Linken leid, ausgetragen um Themen wie ‚Kritische Rassetheorie‘, Spätabtreibung, Waffenbesitz.
Wie jeden ersten Dienstag am oder nach dem zweiten November war gestern in Amerika Wahltag. Die bedeutendste der anstehenden Wahlen war die zum Gouverneur von Virginia, einem Staat, den die Demokratische Partei bei den Präsidentschaftswahlen 2020 haushoch gewonnen hat, und von dem man oft annimmt, dass er durch die bevölkerungsreichen immer linksliberaleren Landkreise in der Nähe von Washington, D.C., die Staatshauptstadt Richmond und Norfolk immer weniger zum ‚festen Süden,‘ der traditionell konservativ gewählt hat, zählen könne. Als sich in den Umfragen im Vorfeld der Wahl andeutete, dass der republikanische Kandidat Glenn Youngkin überraschend gut in den Umfragen dastand und sich Hoffnungen auf den Sieg machen konnte, bekam diese Wahl eine über den Einzelstaat hinausgehende Bedeutung, die als Zahltag für die Demokratische Partei und Präsident Biden interpretiert wurde. Dieser Zahltag ist nun eingetroffen.
Referendum über Biden und Kulturkampf
Wenn man sich die vergiftete politische Atmosphäre in Amerika und der westlichen Welt überhaupt einmal wegdenkt, dann war es eigentlich ein Wahlkampf zwischen zwei sympathisch wirkenden Männern, die in den Brot-und-Butter-Themen der täglichen Politik so weit nicht auseinanderliegen. Der Republikaner Youngkin war als Student Basketballspieler, ist zwei Meter groß, hat einen Master-Abschluss von Harvard und machte dann eine sehr erfolgreiche Karriere im Investmentmanagement. Er gibt sich leutselig und anpackend, mit offenem Hemd und Fleecejacke zu Cowboystiefeln. Der Kandidat der Demokraten, Terry McAuliffe, ist dagegen ein Karrierepolitiker und Politikunternehmer, der direkt nach dem Studium mit zweiundzwanzig Schatzmeister von Jimmy Carters gescheitertem Wahlkampf für eine zweite Amtszeit und seitdem in der Politik war, allerdings auch einen Abschluss in Jura machte und als Unternehmer reüssierte. Er war bereits 2014 bis 2018 Gouverneur, und erklärt offen, dass sein geschäftlicher und sein politischer Erfolg verknüpft seien. Virginias Verfassung verbietet aufeinanderfolgende Amtszeiten desselben Gouverneurs, weswegen er sich 2017 nicht zur Wahl stellen durfte und sein Nachfolger Ralph Northam es dieses Jahr nicht darf. „Kulturkampf abgestraft“ weiterlesen