Jedesmal, wenn über den Mordfall Lübcke berichtet wird, taucht unweigerlich dasselbe Agenturbild wieder auf, hier in abgeschnittener Form auf Twitter und im verlinkten Artikel in voller Größe.
Ich kann mir den Verdacht nicht verkneifen, dass da jemand zuviel Counterstrike oder dergleichen gespielt hat. Ein SCAR wohl in Kaliber 7,62 mm ist eine ziemlich klobige Waffe, mit der man auch auf Distanz Wirkung entfalten kann, aber zum Herumtragen, während man gerade etwas anderes macht, ist das ziemlich viel Gewehr. Dazu dann nicht eine sondern zwei Pistolen als Reserve, und jede Menge Geraffel an der Weste.
Wenn man einen Angriff aus der Distanz befürchtet, vielleicht um den Beschuldigten als Zeugen zum Schweigen zu bringen, mag es sinnvoll sein, Schützen zur Absicherung zu haben, aber die bauen sich dann normal eher in etwas Abstand auf. In dem Fall würde man vermutlich auch dem Beschuldigten eine Schutzweste verpassen. Um einen gefesselten Verdächtigen, dessen Bizeps ein Drittel des Umfangs des eigenen hat, unter Kontrolle zu halten, dürften acht Kilo aufwärts Waffen eher hinderlich als hilfreich sein, zumal die Platzierung der Backup-Pistole irgendwie zur Entnahme von hinten einlädt. Die modernen Holster haben einen Sicherungshebel oder dergleichen, den ein Wald- und Wiesenkrimineller mit etwas Glück nicht kennt und findet, aber bei einem so fiesen Feind, gegen den man mehrere Waffen pro Person braucht, kann man das nicht voraussetzen. (Es könnte sich bei dem zweiten Gerät mit Pistolengriff auch um einen Elektroschockapparat handeln, das sieht man mit der vorliegenden Bildauflösung nicht eindeutig, aber da wäre die Anbringung direkt neben der Pistole eine Einladung für Verwechslungen.)
Dieses Bild scheint mir also in der Hinsicht gestellt, dass die Polizisten vermutlich nicht davon ausgingen, dass die zur Schau gestellte Bewaffnung für den Zweck, einen Verdächtigen vom Gericht zum Hubschrauber zu begleiten, besonders sinnvoll sei. Es wird folglich den Polizisten oder wahrscheinlicher ihrem Chef um die Zurschaustellung der Waffen gegangen sein, und um den Eindruck der in diesem immer wieder abgedruckten Bild entsteht. Ist das wirklich das Auftreten, das wir uns von der Polizei wünschen? Ist das nicht auch das Auftreten der Polizei, das sich Terroristen immer wünschen, die sich in einem ‚Krieg‘ gegen das ‚System‘ sehen und nicht als armselige Gelegenheitsmörder?