Das gerichtliche angeordnete Ende der Ausgangsbeschränkungen in Tschechien ist zumindest aus Sicht des Erkenntnisgewinns ein Glücksfall
Wer zu wirklich wichtigen Problemen, von der Wirksamkeit von Medikamenten gegen schwere Erkrankungen bis hin zu großen volkswirtschaftlichen Entscheidungen, belastbare Evidenz haben will steht oft vor einem Problem: Der Goldstandard wissenschaftlicher Evidenz, ein Experiment, bei dem die Probanden zufällig in Gruppen aufgeteilt werden, die unterschiedlich behandelt werden, lässt sich oft aus rechtlichen oder moralischen Gründen nicht durchführen. Im Fall der gegenwärtigen Covid-19-Krise wäre es aus Sicht der Erkenntnisgewinns höchst interessant, mit dem Würfel einige Länder auszuwählen, und die Kontaktbeschränkungen je nach Ergebnis zu lockern. Aus moralischer und politischer Sicht wäre es undenkbar.
Es ist daher zumindest aus Sicht des Erkenntnisgewinns ein Glücksfall, dass in der Tschechischen Republik ein Gericht die gegenwärtigen Ausgangsbeschränkungen aus rechtlichen Gründen weitgehend aufgehoben hat, und die Regierung dem folgt. Die Aussagekraft wird dadurch begrenzt, dass es sich nur um ein Land handelt, aber man darf gespannt sein, wie sich die Lage dort entwickelt. Wenn nichts passiert werden sich ‚Öffnungsdiskussionsorgien‘ Homerischen oder gar Merkel’schen Ausmaßes in ähnlich situierten Staaten wohl deutlich weniger einfach im Griff der Politik halten lassen. Wenn die Fall- und insbesondere die Opferzahlen einen harten Knick nach oben machen, dürfte das Gegenteil eintreten.