Roh­öl bei minus 37$ pro Barrel!

Ich dach­te bis­her, dass der 6. März 2009 der denk­wür­digs­te Tag mei­ner Beschäf­ti­gung mit den Märk­ten sein wür­de. Die­ses Datum wer­de ich nun wohl durch den 20. April 2020 erset­zen müs­sen, an dem das schwar­ze Gold nicht nur wert­los wur­de, son­dern zu einem nega­ti­ven Preis gehan­delt wurde.

Der Mai­kon­trakt für ame­ri­ka­ni­sches Roh­öl ist zeit­wei­se auf einen Preis von nega­tiv $37 pro Bar­rel gefal­len (aktu­el­le Prei­se hier), das ers­te Mal in sei­ner Geschich­te, dass er einen nega­ti­ven Preis erreich­te. Bedeu­tet das, dass Sie dem­nächst für das Auf­tan­ken Ihres Autos Geld von der Tank­stel­le bekom­men? Eher nicht. Hier eine kur­ze Erklä­rung, warum.

Der Futures­kon­trakt beinhal­tet eine Ver­pflich­tung, je nach Rich­tung der ein­ge­gan­ge­nen Posi­ti­on, das Öl in einem gewis­sen Zeit­raum und an einem gewis­sen Ort anzu­lie­fern oder abzu­neh­men. In die­sem Fall in der Ort Cus­hing, Okla­ho­ma, ein Ort mit eini­gen tau­send Ein­woh­nern und rie­si­gen Öltanks mit Pipe­lin­ever­bin­dun­gen in alle Richtungen:

Öltanks in Cus­hing (Pho­to: roy.luck)

Die sind nun wegen des Nach­fra­ge­ein­bruchs voll. Des­we­gen wird man zur Zeit für das Ver­spre­chen bezahlt, da im Mai Öl her­aus­zu­neh­men, wäh­rend man gleich­zei­tig für das Ver­spre­chen bezahlt wird, im Juni oder spä­ter wie­der Öl hineinzutun.

Eine ganz ein­fa­che Mög­lich­keit, Geld zu verdienen?

Dar­aus ergä­be sich nun eine ganz ein­fa­che Mög­lich­keit, Geld zu ver­die­nen: Man könn­te es gleich­zei­tig für den Mai zu einem nega­ti­ven Preis kau­fen und für den Juni zu einem posi­ti­ven Preis ver­kau­fen, und die Preis­dif­fe­renz als garan­tier­ten Gewinn ein­ste­cken. Arbi­tra­ge nennt das der Fach­mann. Das ein­zi­ge Pro­blem bei die­ser Idee ist natür­lich, dass man das Öl für einen Monat lagern muss, und die Tanks sind ja voll, so dass man da kei­ne Kapa­zi­tät anmie­ten kann, jeden­falls nicht für weni­ger Geld als die­sen garan­tier­ten Pro­fit. Also doch nicht. Die Lage­rung von Roh­öl im hei­mi­schen Schwimm­be­cken ist selbst in Okla­ho­ma strengs­tens verboten.

Auf den Elek­tri­zi­täts­märk­ten sind nega­ti­ve Prei­se gang und gäbe, denn Elek­tri­zi­tät kann nur sehr schwer gespei­chert wer­den. Wenn also die Nach­fra­ge ein­bricht und die Pro­duk­ti­on aus tech­ni­schen Grün­den oder aus Grün­den einer Fehl­re­gu­lie­rung wie dem EEG nicht her­un­ter­ge­fah­ren wer­den kann, dann müs­sen die Erzeu­ger die Abneh­mer bezah­len und nicht umge­kehrt. Bei Gütern, die man lagern kann, gleicht sich das nor­mal dadurch aus, dass Schwan­kun­gen über die Zeit durch Auf- und Abbau von Lager­be­stän­den aus­ge­gli­chen wer­den. Das stößt aber an sei­ne Gren­zen, wenn das Lager voll oder leer ist.

Eine Mög­lich­keit der oben ange­deu­te­ten Arbi­tra­ge gibt es für den Pri­vat­mann aber tat­säch­lich. Wer eine Ölhei­zung hat, der hat in der Tat Spei­cher­ka­pa­zi­tät, aller­dings für Heiz- und nicht für Roh­öl. Wenn man aber einen lee­ren Tank hat, der vor dem Win­ter befüllt wer­den muss, dann ist es viel­leicht kei­ne dum­me Idee, sich von Zeit zu Zeit die Heiz­öl­prei­se auf den Ter­min­märk­ten anzu­se­hen, und durch die Wahl eines guten Zeit­punkts gege­be­nen­falls sozu­sa­gen sei­ne Spei­cher­ka­pa­zi­tät den Märk­ten gebüh­ren­pflich­tig zu ver­lei­hen (natür­lich ohne das Öl wie­der zurück­zu­ver­kau­fen, aber die Ver­mei­dung des spä­te­ren Kau­fes ist wirt­schaft­lich das­sel­be). Eine Ori­en­tie­rung dabei kön­nen zum Bei­spiel die Heiz­öl­prei­se Rot­ter­damm sein, die auf den Ter­min­märk­ten gehan­delt werden. 

Ich dach­te bis­her, dass der 6. März 2009 der denk­wür­digs­te Tag mei­ner Beschäf­ti­gung mit den Märk­ten sein wür­de. Die­ses Datum wer­de ich nun wohl durch den 20. April 2020 erset­zen müs­sen, an dem das schwar­ze Gold nicht nur wert­los wur­de, son­dern zu einem nega­ti­ven Preis gehan­delt wurde.