Kali­for­ni­sche Stu­die schätzt SARS-CoV‑2 Dun­kel­zif­fer auf 50 bis 85

Ein Vor­ab­druck einer Stu­die aus Stan­ford schätzt für San­ta Cla­ra Coun­ty, dass Anfang April die tat­säch­li­che Zahl der bereits SARS-CoV-2-Infi­zier­ten das 50- bis 85-fache der der gemel­de­ten Fall­zahl war. Ande­rer­seits haben wir aber auch z.B. die Bil­der aus Ber­ga­mo vor Augen, wo offen­bar das Gesund­heits­sys­tem zusam­men­brach und eine hohe Sterb­lich­keit ein­trat. Ohne Klä­rung der Dun­kel­zif­fer wer­den Maß­nah­men zum ideo­lo­gi­schen Blindflug.

Ein Vor­ab­druck einer Stu­die aus Stan­ford schätzt für San­ta Cla­ra Coun­ty, dass Anfang April die tat­säch­li­che Zahl der bereits SARS-CoV-2-Infi­zier­ten das 50- bis 85-fache der der gemel­de­ten Fall­zahl war. Soll­te (im Kon­junktv!) das zutref­fen, und soll­te das reprä­sen­ta­tiv für wei­te­re Tei­le west­li­cher Län­der sein, dann hät­te das erheb­li­che Aus­wir­kun­gen auf die Schät­zun­gen der Sterb­lich­keit und Kom­pli­ka­ti­ons­ra­te von Covid-19 sowie auf plau­si­ble Stra­te­gien zur Kon­trol­le der Seu­che und für den Aus­stieg aus den „Maß­nah­men“.

Die Stu­die für sich beweist, wie auch die Gan­gelt-Stu­die, noch wenig. Die Vali­di­tät der Ergeb­nis­se hängt, wie die Autoren dis­ku­tie­ren, wesent­lich davon ab, dass die Sen­si­ti­vi­tät und Spe­zi­fi­tät der ver­wen­de­ten Anti­kör­per­tests rich­tig geschätzt wur­de. Nach­dem zwar ver­sucht wur­de, die Teil­neh­mer demo­gra­phisch reprä­sen­ta­tiv aus­zu­wäh­len, sie aber mit­tels Face­book rekru­tiert wur­den, kann es natür­lich auch sein, dass sich da vor­wie­gend Leu­te mel­de­ten, die guten Grund zur Ver­mu­tung hat­ten, sie hät­ten die Krank­heit bereits durch­ge­macht, was die Ergeb­nis­se wesent­lich ver­zer­ren könnte.

Zwei Sor­ten wider­sprüch­lich anmu­ten­der Informationen

Wir haben also zwei Sor­ten wider­sprüch­lich anmu­ten­der Informationen. 

Einer­seits stellt sich bei Mas­sen­tests an klei­ne­ren Popu­la­tio­nen oft eine erheb­li­che Durch­seu­chung bis über die Hälf­te und eine erheb­li­che Dun­kel­zif­fer her­aus. (Von mir dis­ku­tiert in Bezug auf Flug­zeug­trä­ger, die Auf­nah­me­ein­rich­tung in Ell­wan­gen und wer­den­de Müt­ter in New York City.) Die Erfah­run­gen die­ser Orte deu­ten dar­auf hin, dass die Durch­seu­chung der Bevöl­ke­rung weit fort­ge­schrit­ten sein könn­te, jeden­falls weit genug, dass das Ein­fan­gen der Infek­ti­ons­ket­ten illu­so­risch wäre, und dass die Opfer­zah­len zwar erheb­lich wären, aber dra­ma­tisch unter dem, was man befürch­tet hat.

Ande­rer­seits haben wir aber auch z.B. die Bil­der aus Ber­ga­mo vor Augen, wo offen­bar das Gesund­heits­sys­tem zusam­men­brach und eine hohe Sterb­lich­keit ein­trat. Bei Mas­sen­tests in Vò wur­de eine nur gerin­ge Durch­seu­chung fest­stellt, deren Aus­brei­tung sich offen­bar durch wie­der­hol­te Tests aller und Qua­ran­tä­ne der posi­tiv Getes­te­ten ein­fan­gen ließ, jeden­falls zeitweilig.

Wie soll man das inter­pre­tie­ren? Es kann sein, dass sich das Infek­ti­ons- und Erkran­kungs­ge­sche­hen aus wel­chen Grün­den auch immer zwi­schen ver­schie­de­nen Orten mas­siv unter­schei­den. Es kann auch sein, dass eine Grup­pe der Stu­di­en einen sys­te­ma­ti­schen Feh­ler enthält.

Ideo­lo­gie- statt fak­ten­ba­sier­ter Blindflug

Das her­aus­zu­fin­den wird nicht ein­fach sein, und völ­li­ge Klar­heit wird es, wenn über­haupt, ver­mut­lich erst hin­ter­her geben. Klar ist aber, dass die inter­ne ideo­lo­gi­sche und nicht fak­ten­ba­sier­te Fest­le­gung der Bun­des­re­gie­rung auf eine gerin­ge Dun­kel­zif­fer zu Anfang der Kri­se, ver­bun­den mit der öffent­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on einer damit nicht kom­pa­ti­blen Ein­däm­mungs­stra­te­gie, und der Ver­zicht auf die Allo­ka­ti­on aus­rei­chen­der Res­sour­cen für die Ermitt­lung die­ser wich­tigs­ten aller Kenn­grö­ßen bei der gan­zen Sache jede Dis­kus­si­on über „Maß­nah­men“ und „Locke­run­gen“ zum ideo­lo­gie- statt fak­ten­ba­sier­ten Blind­flug macht.