Der Spiegel hat einen Artikel ‚Das steckt hinter dem vermeintlichen Antikörper-Erfolg in Israel‘. Dem Artikel nach ist es allerdings durchaus ein tatsächlicher „Antikörper-Erfolg“, auch wenn der medizinische Wert desselben unklar sein mag. Täusche ich mich, oder gibt es da einen Mechanismus, nachdem ein Erfolg auf diesem Feld genau dann „vermeintlich“ genannt würde, wenn er entweder aus den Vereinigten Staaten oder aus Israel stammte, insbesondere wenn irgendeine Verbindung zu den Namen Trump oder Netanyahu bestünde?
Schlagwort: Sprache
Die neuen Staatsorakel
Die Bundesregierung hat zur Einführung eines ‚Corona-Immunitätspasses‘ den Deutschen Ethikrat befragt. Die zunehmende Konsultation von Ethikgremien führt auf die Praxis der antiken Staatsorakel zurück und schiebt Verantwortung ab.
In der Antike war es üblich, vor politischen Entscheidungen eine Art Orakel zu befragen, ob ein Unternehmen dem Willen der Götter entspreche und Erfolg bringen werde. Bei den Römern gab es dazu die Auguren und die Haruspices, und anderswo ähnliche Funktionen. Die zunehmende Konsultation von Ethikräten, Ethikkommissionen usw. führt auf diese Praxis im neuen Gewand der behaupteten Wissenschaftlichkeit als Ersatz des Glaubens zurück.
Die Bundesregierung hat zur Einführung eines ‚Corona-Immunitätspasses‘ den Deutschen Ethikrat befragt. Nach Maßstäben traditioneller Rationalität wäre dafür eigentlich eher interessant, wie weit eine so zu attestierende Immunität überhaupt in der Bevölkerung verbreitet ist, eine Fragestellung, der sich die Bundesregierung von Anbeginn der Krise an verschlossen hat. Weiter wäre interessant, wie man damit umgehen will, dass ein solcher Ausweis für viele von den „Maßnahmen“ in ihrer Existenz Bedrohte ein Anreiz sein könnte, sich absichtlich anzustecken. „Die neuen Staatsorakel“ weiterlesen
„Sturmstilwaffen“: Ein Wort und seine Geschichte
Die kanadische Regierung verbietet „Sturmstilwaffen“. Doch wie kam dieser seltsame Begriff in Umlauf? Die Geschichte eines Kampfbegriffs.
Gestern habe ich behandelt, wie das kanadische Verbot von rund 1500 verschiedenen Feuerwaffen auf dem Verordnungsweg unter Ausnutzung der Morde von Nova Scotia den Verdacht aufwirft, dass es schon vor den Morden geplant war und die Regierung lediglich auf eine Gelegenheit zur Umsetzung ohne Parlament und ohne Debatte gewartet hat. Heute möchte ich mich mit einem auf den ersten Blick unscheinbaren Aspekt beschäftigen, der Sprache, mit welcher der Verbotsgegenstand charakterisiert werden soll. Die Verbotsverordnung verwendet dafür den Begriff „assault-style weapons“, was man im Deutschen mit „Sturmstilwaffen“ wiedergeben könnte. Eine konkrete Bedeutung hat dieser seltsame Begriff im Englischen nicht mehr als meine Übertragung sie im Deutschen hätte. Doch wie kam er in Umlauf?
Viele Neologismen mit „Sturm-“
Dazu müssen wir etwas ausholen, aber auf den Anfang der Geschichte kann man schon durch den Klang des Wortes kommen. Wenn man die „Sturmstilwaffe“ mit richtig Druck von der Lunge ausspricht und das „r“ ordentlich rollt, dann liegt der Wortursprung nahe. „„Sturmstilwaffen“: Ein Wort und seine Geschichte“ weiterlesen
Neologismus des Tages: ‚Corona-Kinder‘
Corona-Kinder: Laut eines Artikels des FAZ offenbar mit dem neuartigen Coronavirus infizierte Kinder. Wäre es nicht romantischer, dieses Wort für im Zuge der Isolationsmaßnahmen gezeugte Kinder zu verwenden?
Sprachverrohung im Wirtschaftsteil
Die FAZ hat heute einen Artikel ‚Aggressiver Hedgefonds attackiert Wirecard‘. Empfindet sie auch ihre eigene Berichterstattung über mögliche Probleme in Unternehmen wie Wirecard als „Attacke“?
Die FAZ hat heute einen Artikel ‚Aggressiver Hedgefonds attackiert Wirecard‘. Das ist eine ziemlich kernige Sprache. Der Fonds soll Aktien von Wirecard leer verkauft haben, einem Unternehmen in Turbulenzen, die offenbar mit der Furcht vor Unregelmäßigkeiten in der Unternehmensführung und dem Zahlenwerk des Unternehmens zu tun haben.
Der Artikel unterstellt dem Fonds nicht, zu seiner pessimistischen Position bezüglich Wirecard auf unlauterem Wege, beispielsweise durch verbotene Insiderinformationen, gekommen zu sein. Es wird nicht erklärt, in welchem Sinne der Fonds „aggressiv“ sein soll, und auch nicht, worin die „Attacke“ bestehen soll. „Sprachverrohung im Wirtschaftsteil“ weiterlesen
Das ‚Gefühl falscher Sicherheit‘
Weltärztepräsident Montgomery hat sich in eine lange Reihe von Behauptungen eingereiht, Schutzmasken böten ein Gefühl falscher Sicherheit. Solche Behauptungen werden auch auf anderen Gebieten regelmäßig von Leuten gemacht, welche dieselben Schutzvorkehrungen für sich selber in Anspruch nehmen. Das ‚Gefühl falscher Sicherheit‘ betrifft immer nur den Normalbürger.
Weltärztepäsident (ein ziemlich anspruchsvoller Titel übrigens) Frank Ulrich Montgomery nannte die Pflicht zum Tragen von Masken als Infektionsschutz in einem Interview mit der Rheinischen Post „lächerlich“. Sie gebe, auch wenn er den Begriff so nicht benutzt hat, das berühmte Gefühl ‚falscher Sicherheit‘: „Wer eine Maske trägt, wähnt sich sicher, er vergisst den allein entscheidenden Mindestabstand.“ Erstaunlich dabei finde ich, dass Argumente gegen Sicherheitsvorkehrungen mit einem ‚Gefühl falscher Sicherheit‘ fast immer von Leuten vorgebracht werden, welche diese Sicherheitsvorkehrungen selber für sich nutzen. Auch Dr. Montgomery ist da keine Ausnahme. „Das ‚Gefühl falscher Sicherheit‘“ weiterlesen
Kontaktsperre – Ein Wort und seine Renaissance
Stellt man bei Google Trends Suchen nach dem Wort „Kontaktsperre“ dar, ergibt sich folgendes Bild:
„Kontaktsperre“: Ein Wort, das bis zum 21. März wohl fast ausschließlich im Zusammenhang mit historischem Interesse an der RAF gesucht wurde, „Kontaktsperre – Ein Wort und seine Renaissance“ weiterlesen
Framing statt Strategie: ‚Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen‘
Eine kritische Auseinandersetzung mit dem vertraulichen Covid-Strategiepapier der Bundesregierung: Das völlige Desinteresse der Autoren an einer Abschätzung der Zuverlässigkeit ihres Modells ist überraschend. Sie unterstellen den Deutschen, dass „sich viele dann unbewusst und uneingestanden denken: ‚Naja, so werden wir die Alten los, und mit ein bisschen Glück erbe ich schon ein bisschen früher‘.“ Die Wahrheit und Klarheit des Gesagten schafft Vertrauen und Kooperation; Framing tut das nicht.
Am 1. April hat FragDenStaat ein angebliches Strategiepapier des Bundesinnenministeriums ‚Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen‘ veröffentlicht. Es wurde offenbar durchgestochen, jedenfalls nicht offiziell herausgegeben. Die FAZ betrachtet das Papier offenbar als echt, die NZZ, die Süddeutsche und der Focus auch. Wir wollen daher die Echtheit ebenfalls unterstellen und das Folgende unter ihrer Voraussetzung schreiben. Weiterhin wollen wir unterstellen, dass das Papier, wie von der FAZ berichtet, vom 19. bis zum 22. April von einer Expertengruppe unter Staatssekretär Markus Kerber im Bundesministerium des Inneren erstellt wurde. Unter diesen Voraussetzungen ist das Strategiepapier ein Dokument der gefährlichen Tendenz unserer Zeit, auf eine Strategieentwicklung bezüglich eines Problems zugunsten von Überlegungen des Framings weitgehend zu verzichten. Das Virus wird sich vom Framing aber nicht beeindrucken lassen.
Bevor Sie hier weiterlesen, möchte ich Ihnen vorschlagen, das Papier des Innenministeriums selber zu lesen. Mir jedenfalls erschien es so unglaublich, dass ich zunächst von einer Fälschung aus dem Verschwörungstheoretiker-Milieu ausgegangen bin. Es soll aber echt sein. Sollte sich diese Annahme als falsch herausstellen, dann wären die folgende kritische Auseinandersetzung mit dem Papier natürlich gegenstandslos. Danach sieht es aber zurzeit nicht aus. „Framing statt Strategie: ‚Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen‘“ weiterlesen