Lynch­jus­tiz in der Zeitung

Frü­her war es in bes­se­ren Zei­tun­gen ein­mal üblich, vor den „Mör­der“ ein „mut­maß­lich“ zu set­zen, wenn die Vor­wür­fe nicht bewei­sen und die Ermitt­lun­gen noch am Lau­fen sind. Bei der FAZ ist das offen­bar nicht mehr notwendig.

Die FAZ schreibt im Unter­ti­tel eines Arti­kels: „Der Mord an dem jun­gen Jog­ger Ahmaud Arbe­ry ent­setzt vie­le Men­schen in Ame­ri­ka. Wie­der haben Wei­ße einen unbe­waff­ne­ten Schwar­zen erschos­sen, der ein­fach nur lau­fen woll­te.“ Für einen Arti­kel, der spä­ter (wenn auch in einem Zitat) noch das Wort vom „Lynch­mord“ auf­greift, ist die­se Art der Vor­ver­ur­tei­lung der einen Sei­te und des jour­na­lis­ti­schen Frei­spruchs der ande­ren ironisch.

Frü­her war ein­mal das Wort „mut­maß­lich“ üblich

Der Arti­kel sel­ber gibt zu:„den genau­en Ablauf der fol­gen­den Tat müs­sen nun die Ermitt­ler klä­ren.“ Frü­her war es da ein­mal üblich, immer­hin noch das Wort „mut­maß­lich“ vor den „Mord“ oder den „Mör­der“ zu set­zen. Die Ent­schei­dung des Staats­an­walts, nicht wei­ter zu ermit­teln, wur­de viel­fach kri­ti­siert, wohl auch zu Recht. „Lynch­jus­tiz in der Zei­tung“ weiterlesen

Dif­fa­ma­ti­on statt Argumentation

Ein Kom­men­tar in der FAZ beschreibt „Lin­ke, Rech­te, ver­irr­te Libe­ra­le, Anti­fa, Faschis­ten, Eso­te­ri­ker, Impf­geg­ner, Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker“ als „Covidio­ten“. Zu einer ratio­na­len Debat­te trägt das nicht bei.

Die FAZ hat einen Kom­men­tar von Micha­el Han­feld ‚Covidio­ten sind unter uns‘. Mit den ‚Covidio­ten‘ sind offen­bar all jene gemeint, wel­che bei den ‚Coro­na-Maß­nah­men‘ ernst­haf­te Pro­ble­me sehen und sie jeden­falls in ihrer gegen­wär­ti­gen Form und Begrün­dung ableh­nen. Die Front, der „Covidio­ten“, von der Herr Han­feld sich bedroht fühlt, ist in der Tat breit:

Lin­ke, Rech­te, ver­irr­te Libe­ra­le, Anti­fa, Faschis­ten, Eso­te­ri­ker, Impf­geg­ner, Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker. Sie okku­pie­ren die Debat­te. Sie ver­drän­gen ratio­na­les Nach­den­ken und Reden über ange­mes­se­nes staat­li­ches Handeln.

Micha­el Han­feld, ‚Covidio­ten sind unter uns‘, FAZ, 11.05.2020

Jetzt könn­te man eigent­lich mei­nen, dass Ein­wän­de, die von Lin­ken, Rech­ten und Libe­ra­len glei­cher­ma­ßen vor­ge­tra­gen wer­den, doch eine ratio­na­le Aus­ein­an­der­set­zung wert wären. „Dif­fa­ma­ti­on statt Argu­men­ta­ti­on“ weiterlesen

Spie­gel: „Ver­meint­li­cher Erfolg“ Israels

Der Spie­gel hat einen Arti­kel ‚Das steckt hin­ter dem ver­meint­li­chen Anti­kör­per-Erfolg in Isra­el‘. Dem Arti­kel nach ist es aller­dings durch­aus ein tat­säch­li­cher „Anti­kör­per-Erfolg“, auch wenn der medi­zi­ni­sche Wert des­sel­ben unklar sein mag. Täu­sche ich mich, oder gibt es da einen Mecha­nis­mus, nach­dem ein Erfolg auf die­sem Feld genau dann „ver­meint­lich“ genannt wür­de, wenn er ent­we­der aus den Ver­ei­nig­ten Staa­ten oder aus Isra­el stamm­te, ins­be­son­de­re wenn irgend­ei­ne Ver­bin­dung zu den Namen Trump oder Net­an­ya­hu bestünde?

Sprach­ver­ro­hung im Wirtschaftsteil

Die FAZ hat heu­te einen Arti­kel ‚Aggres­si­ver Hedge­fonds atta­ckiert Wire­card‘. Emp­fin­det sie auch ihre eige­ne Bericht­erstat­tung über mög­li­che Pro­ble­me in Unter­neh­men wie Wire­card als „Atta­cke“?

Die FAZ hat heu­te einen Arti­kel ‚Aggres­si­ver Hedge­fonds atta­ckiert Wire­card‘. Das ist eine ziem­lich ker­ni­ge Spra­che. Der Fonds soll Akti­en von Wire­card leer ver­kauft haben, einem Unter­neh­men in Tur­bu­len­zen, die offen­bar mit der Furcht vor Unre­gel­mä­ßig­kei­ten in der Unter­neh­mens­füh­rung und dem Zah­len­werk des Unter­neh­mens zu tun haben.

Der Arti­kel unter­stellt dem Fonds nicht, zu sei­ner pes­si­mis­ti­schen Posi­ti­on bezüg­lich Wire­card auf unlau­te­rem Wege, bei­spiels­wei­se durch ver­bo­te­ne Insi­der­infor­ma­tio­nen, gekom­men zu sein. Es wird nicht erklärt, in wel­chem Sin­ne der Fonds „aggres­siv“ sein soll, und auch nicht, wor­in die „Atta­cke“ bestehen soll. „Sprach­ver­ro­hung im Wirt­schafts­teil“ weiterlesen

Blei­che gegen Coro­na? Bei den Cuo­mos allemal!

Im Gegen­satz zu der falsch wie­der­ge­ge­be­nen Anre­gung des Prä­si­den­ten Trump wer­den in der Fami­lie der Cuo­mos tat­säch­lich Blei­che und wil­des­te Medi­ka­men­ten­mi­schun­gen für The­ra­pie­ver­su­che von Covid-19 ver­wen­det, inspi­riert von einer Exper­tin für Para­me­di­zin. Wol­len wir wirk­lich von Men­schen der­ar­ti­ger offen­sicht­li­cher und tota­ler Ahnungs­lo­sig­keit und Ver­blen­dung eine Pan­de­mie ver­wal­ten lassen?

Wie haben sich die Qua­li­täts­me­di­en das Maul dar­über zer­ris­sen, dass Prä­si­dent Trump emp­foh­len habe, gegen das neu­ar­ti­ge Coro­na­vi­rus Des­in­fek­ti­ons­mit­tel zu neh­men. Nun hat er das ein­deu­tig nicht gesagt. Hin­ge­gen hat die Schwä­ge­rin von Andrew Cuo­mo, dem Gou­ver­neur von New York, der von den­sel­ben Qua­li­täts­me­di­en oft­mals als Licht­ge­stalt und gleich­zei­tig Opfer Trump’scher Idio­tie dar­ge­stellt wird, ein­deu­tig die Ver­wen­dung von Bleich­mit­tel gegen das Virus emp­foh­len. Erstaun­li­cher­wei­se fin­den die­se tat­säch­lich voll­kom­men absei­ti­gen Emp­feh­lun­gen aber kaum Beach­tung in den Medi­en, so dass wir sie ein­mal betrach­ten wollen.

Trump: Reich­lich naiv, aber noch ein irgend­wie erkenn­ba­rer ratio­na­ler Kern

Fan­gen wir mit Trumps Pres­se­kon­fe­renz an. Ein Blick auf das Ori­gi­nal hilft immer: „Blei­che gegen Coro­na? Bei den Cuo­mos alle­mal!“ weiterlesen

Zah­len­blind­heit und unbe­ab­sich­tig­ter Staatsterrorismus

Im Köl­ner Rizin­pro­zess wur­de ein „rech­ne­ri­sches“ Poten­ti­al von 13.500 Toten eines Anschlags ange­ge­ben. Rea­lis­tisch sind wohl eher zehn. Ver­wei­gern wir dem Ter­ro­ris­ten das, was er am meis­ten will: Unse­re Angst.

Ter­ro­ris­mus ist nach dem Ter­ror, also dem Schre­cken, benannt, sei­ner Stra­te­gie. Zah­len­blin­de absur­de Über­schät­zun­gen der Fähig­kei­ten von Ter­ro­ris­ten ver­brei­ten unbe­grün­de­ten Schre­cken, erle­di­gen also unab­sicht­lich das Geschäft der Ter­ro­ris­ten. Eine Pres­se­mit­tei­lung, die Zah­len aus dem Rizin­pro­zess von Köln auf­greift, gibt dafür ein gutes, oder viel­mehr ein schlech­tes Beispiel. 

An den Zah­len der heu­ti­gen Pres­se­mit­tei­lung ist nichts neu. Sie greift Anga­ben aus dem Pro­zess auf. In der Urteils­ver­kün­dung im März soll der Rich­ter erklärt haben, die „Men­ge an Rizi­nus-Samen hät­te rech­ne­risch für poten­zi­ell 13 500 Tote genügt.“ Die Ver­wen­dung der Wör­ter „rech­ne­risch“ und „poten­zi­ell“ in einem Satz legt es schon nahe – die Zah­len haben kei­ner­lei Bedeu­tung. „Zah­len­blind­heit und unbe­ab­sich­tig­ter Staats­ter­ro­ris­mus“ weiterlesen

Der 20. April und der 9. November

„Unver­schämt­heit“, „anma­ßend“ und „Mut­ter aller Alb­träu­me“: Schlech­te Kri­ti­ken für Mer­kels Diskussionsverbot

Eigent­lich woll­te ich natür­lich Ange­la Mer­kels War­nung vor „Öff­nungs­dis­kus­si­ons­or­gi­en“, also vor der poli­ti­schen Dis­kus­si­on eines Pro­blems, das sowohl Men­schen­le­ben als auch wirt­schaft­li­che und sozia­le Exis­ten­zen kos­tet, the­ma­ti­sie­ren. Ich kann mir das aber spa­ren nach­dem sogar die Tages­schau Mer­kels For­de­rung als „Unver­schämt­heit“ und „anma­ßend“ bezeich­net. Die FAZ ver­wen­det den zwei­deu­ti­gen Titel „Die Mut­ter aller Alb­träu­me“* für einen Arti­kel, in dem der ers­te Satz von der ‚Mut­ti‘ han­delt und der Begriff erst spä­ter auf eine zwei­te Epi­de­mie­wel­le bezo­gen wird. Der Respekt der ihr bis­wei­len schon gera­de­zu höri­gen Leit­me­di­en für die Kanz­le­rin und ihren Füh­rungs­stil beginnt zu bröckeln.

* Neben­bei bemerkt: Die Schrei­bung ‚Alb­traum‘ scheint mir ein wenig geglück­ter Aspekt der Recht­schreib­re­form zu sein. Das erin­nert mich an einen Traum von Wan­de­run­gen auf der Schwä­bi­schen Alb. 

Qua­li­täts­pres­se, Quatsch­pres­se und der Goldpreis

War­um wer­den Zei­tun­gen, die über Bör­sen­tips berich­ten, eigent­lich erns­ter genom­men als Zei­tun­gen, die sich mit Horo­sko­pen beschäf­ti­gen? Die Zuver­läs­sig­keit ist erfah­rungs­ge­mäß und aus sys­te­ma­ti­schen Grün­den die gleiche.

Vor­ab: Emp­feh­lun­gen, mit wel­chen Wun­der­in­vest­ments Sie die Märk­te schla­gen kön­nen, wird es auf den Mose­rei­en nie geben. In die­sem Arti­kel wer­de ich erläu­tern, war­um all die­se Emp­feh­lun­gen Quatsch sind, und mich fra­gen, war­um die ent­spre­chen­den Zei­tun­gen eigent­lich ernst­ge­nom­men werden.

Die bes­te Vor­her­sa­ge für den Gold­preis ist der Goldpreis

Die FAZ hat einen Arti­kel ‚Ana­lys­ten erwar­ten Gold­preis von 2000 Dol­lar‘, mit einem Inhalt, der dem Titel ent­spricht. Die Zei­tung hat einen Hedge auf den ver­zapf­ten Blöd­sinn, „Qua­li­täts­pres­se, Quatsch­pres­se und der Gold­preis“ weiterlesen