Blei­che gegen Coro­na? Bei den Cuo­mos allemal!

Im Gegen­satz zu der falsch wie­der­ge­ge­be­nen Anre­gung des Prä­si­den­ten Trump wer­den in der Fami­lie der Cuo­mos tat­säch­lich Blei­che und wil­des­te Medi­ka­men­ten­mi­schun­gen für The­ra­pie­ver­su­che von Covid-19 ver­wen­det, inspi­riert von einer Exper­tin für Para­me­di­zin. Wol­len wir wirk­lich von Men­schen der­ar­ti­ger offen­sicht­li­cher und tota­ler Ahnungs­lo­sig­keit und Ver­blen­dung eine Pan­de­mie ver­wal­ten lassen?

Wie haben sich die Qua­li­täts­me­di­en das Maul dar­über zer­ris­sen, dass Prä­si­dent Trump emp­foh­len habe, gegen das neu­ar­ti­ge Coro­na­vi­rus Des­in­fek­ti­ons­mit­tel zu neh­men. Nun hat er das ein­deu­tig nicht gesagt. Hin­ge­gen hat die Schwä­ge­rin von Andrew Cuo­mo, dem Gou­ver­neur von New York, der von den­sel­ben Qua­li­täts­me­di­en oft­mals als Licht­ge­stalt und gleich­zei­tig Opfer Trump’scher Idio­tie dar­ge­stellt wird, ein­deu­tig die Ver­wen­dung von Bleich­mit­tel gegen das Virus emp­foh­len. Erstaun­li­cher­wei­se fin­den die­se tat­säch­lich voll­kom­men absei­ti­gen Emp­feh­lun­gen aber kaum Beach­tung in den Medi­en, so dass wir sie ein­mal betrach­ten wollen.

Trump: Reich­lich naiv, aber noch ein irgend­wie erkenn­ba­rer ratio­na­ler Kern

Fan­gen wir mit Trumps Pres­se­kon­fe­renz an. Ein Blick auf das Ori­gi­nal hilft immer:

Donald Trump, Pres­se­kon­fe­renz vom 24. April 2020

Wört­lich heißt es da:

And then I see the dis­in­fec­tant, whe­re it knocks it out in a minu­te. One minu­te. And is the­re a way we can do some­thing like that, by injec­tion insi­de or almost a clea­ning. Becau­se you see it gets in the lungs and it does a tre­men­dous num­ber on the lungs. So it would be inte­res­t­ing to check that. So, that, you’re going to have to use medi­cal doc­tors with. But it sounds — it sounds inte­res­t­ing to me.

Donald Trump, Pres­se­kon­fe­renz 24. April 2020, mei­ne Hervorhebung

Er woll­te also ein­deu­tig nicht, dass die Leu­te gän­gi­ge Des­in­fek­ti­ons­mit­tel ein­neh­men, son­dern er woll­te „etwas wie das“, also so schnell und ein­fach wie die Wir­kung von Des­in­fek­ti­ons­mit­teln, errei­chen, und woll­te, dass die Ärz­te sich dar­um küm­mern, das zu ent­de­cken. Das ist zwar reich­lich naiv, denn im Kör­per kann man im Gegen­satz zur Küchen­ar­beits­plat­te nicht ein­fach ein sehr breit­ban­dig wir­ken­des Gift neh­men, aber es ent­hält immer­hin noch einen irgend­wie erkenn­ba­ren ratio­na­len Kern. Ein gegen das Virus, nicht aber gegen den mensch­li­chen Kör­per wirk­sa­mes Agens wäre in der Tat wün­schens­wert, wenn auch ein­fa­cher zu wün­schen als zu machen. (Bio­tech­nisch her­ge­stell­te Anti­kör­per wären wohl die am ehes­ten vor­stell­ba­re Ver­wirk­li­chung des Wun­sches; Des­in­fek­ti­ons­mit­tel jeden­falls eher nicht.)

Chris­ti­ne Cuo­mo gab den Rat, den Trump eben nicht gege­ben hat: In ver­dünn­tem Bleich­mit­tel zu baden

Bei den Cuo­mos hin­ge­gen wird die­ser ratio­na­le Kern total ver­las­sen. Nun ist nie­mand für die Absur­di­tä­ten sei­ner Schwä­ge­rin ver­ant­wort­lich, aber die­se Absur­di­tä­ten deh­nen sich zumin­dest auf Chris Cuo­mo aus, der regel­mä­ßig zur bes­ten Sen­de­zeit Inter­views mit sei­nem Bru­der, dem Gou­ver­neur Andrew Cuo­mo, führt. Es lohnt sich des­halb, ein­mal näher zu betrach­ten, was in die­ser Fami­lie für eine sinn­vol­le Behand­lung von Covid-19 gehal­ten wird.

Chris­ti­na Cuo­mo, die Frau von Chris, führt ein Life­style-Blog namens Purist, auf dem sie unter ande­rem absur­de para­me­di­zi­ni­sche Theo­rien und Bil­der vom Lebens­stil der Rei­chen und Schö­nen ver­öf­fent­licht. Dar­auf gab Chris­ti­ne Cuo­mo in der Tat den Rat, den Trump eben nicht gege­ben hat: In ver­dünn­tem Bleich­mit­tel zu baden, wenn sie auch auf eine erheb­li­che Ver­dün­nung Wert legt. Ob selbst die­se Ver­dün­nung gut in die Augen zu bekom­men wäre, ist eine ande­re Fra­ge. Es war dies auch nicht wie Trumps Idee als lee­re Spe­ku­la­ti­on und Anre­gung für die Ärz­te for­mu­liert, son­dern sie berich­te­tet es als die in ihrer Fami­lie ange­wand­te Behand­lungs­me­tho­de („das Pro­to­koll“) für Covid-19, nach­dem ihr Mann und dann sie dar­an erkrankt waren.

Hypo­chlo­rit­blei­che als „gefahr­lo­se“ „natur­opa­thi­sche Behandlung“

Noch bes­ser dar­an ist aller­dings die Begrün­dung für das Bad in der Blei­che. Eine Hoff­nung auf eine Wir­kung des Bades als Des­in­fek­ti­ons­mit­tel wäre zwar für eine Krank­heit der Atem­we­ge schon ziem­lich absurd, aber hät­te irgend­wie noch einen nach­voll­zieh­ba­ren Kern­ge­dan­ken. Es kommt aber schlim­mer. Cuo­mo zitiert eine gewis­se Dr. Lin­da Lan­cas­ter wie folgt:

Wir wol­len die Schwer­me­tal­le neu­tra­li­sie­ren, denn die ver­lang­sa­men die elek­tro­ma­gne­ti­sche Fre­quenz unse­rer Zel­len, wel­che unser Ener­gie­feld sind, und wir benö­ti­gen einen guten Ener­gie­fluss. Clorox [belieb­tes­te Mar­ke für Hypo­chlo­rit­blei­che in Ame­ri­ka] ist Natri­um­chlo­rid – also eigent­lich Koch­salz. Clorox wird dadurch her­ge­stellt, dass Strom durch Was­ser und Natri­um­chlo­rid gelei­tet wird, was Natri­um­hy­po­chlo­rit her­stellt. Das ist gefahr­los. Es ist eine ein­fa­che natur­opa­thi­sche Behand­lung, die seit mehr als 75 Jah­ren ange­wandt wird, um die Zel­len mit Sau­er­stoff anzu­rei­chern. […] Haus­halts­blei­che ist nicht Chlor.

Lin­da Lan­cas­ter, zitiert von Chris­ti­na Cuo­mo auf The Purist

Nun ist es eigent­lich erstaun­lich, dass jemand, der sonst auf „sanf­tes Behan­deln“ setzt und die Groß­che­mie nicht so sehr mag, aus­ge­rech­net den che­mi­schen Pro­zess, der uns Chlor und Natron­lau­ge in rau­en Men­gen beschert, viel­leicht das klas­sischs­te Bei­spiel der Groß­che­mie über­haupt, in die „Natur­opa­thie“ ein­reiht. Erklä­ren kann man sich das ver­mut­lich nur dadurch, das Dr. Lan­cas­ter und Frau Cuo­mo das Wesen einer che­mi­schen Reak­ti­on über­haupt voll­kom­men unver­ständ­lich ist, weil sie so damit beschäf­tigt sind, die fein­stoff­li­chen Fre­quen­zen ihrer Zel­len zu ergründen.

Selbst ohne abso­lut jede Kennt­nis­se der Che­mie soll­te es einem aber doch auf­fal­len, dass Blei­che stark nach Chlor riecht, wäh­rend Koch­salz das nicht tut, und dass schon klei­ne Men­gen ver­schüt­te­te Blei­che wei­ße Fle­cken in die Beklei­dung blei­chen, wäh­rend Koch­salz auch das nicht tut, und auch dass die Fla­sche mit der Blei­che zahl­rei­che Warn­hin­wei­se trägt, die auf dem Koch­salz nicht vor­han­den sind.

Das hier, die von Frau Cuo­mo ver­wen­de­te Mar­ke, wür­de tra­di­tio­nell wohl eher nicht als „natur­opa­thi­sches“ Heil­mit­tel ange­se­hen, son­dern als ein nicht völ­lig unge­fähr­li­ches Reinigungsmittel:

Clorox. (Bild: Sti­kes­eff)

Sie kennt sich mit allem aus, außer mit Medizin

Die­se Art Unsinn setzt sich fort, wenn man ein­mal die angeb­li­chen Qua­li­fi­ka­tio­nen der Dr. Lin­da Lan­cas­ter anschaut, wel­che Chris­ti­na Cuo­mo nicht nur in die­sem einen Blog­ein­trag als Göt­tin der The­ra­pie für alles anzu­se­hen scheint. Sie kennt sich mit allem aus, außer offen­bar mit Medi­zin oder deren Grundlagenwissenschaften:

 Dr. Lin­da Lan­cas­ter ist Ärz­tin für Ener­gie­me­di­zin und Homöo­pa­thie .[…] Ihre Aus­bil­dung beinhal­tet Homöo­pa­thie, Radio­nik, Medi­zi­ni­sche Radies­the­sie, Sub­ti­le Ener­gie­hei­lung, Emotionale/Spirituelle/Trauerbegleitung, Ernäh­rung, Kräu­ter­me­di­zin, Ayur­ve­da, und Entgiftungsmethoden.

Dr. Lin­da Lan­cas­ter, Über uns

Man kann sich wohl dar­auf ver­las­sen, sozu­sa­gen Gift dar­auf neh­men, dass auch bei den genann­ten Fel­dern, die nicht als sol­che der Para­me­di­zin zuzu­rech­nen sind, Dr. Lan­cas­ters Umset­zung davon doch wie­der para­me­di­zinsch sein wird. 

Erstaun­lich ist wei­ter­hin, dass Dr. Lan­cas­ter sich zwar als Ärz­tin mit Sitz in Neu­me­xi­ko bewirbt, aber ich in der Lis­te der in die­sem Staat zuge­las­se­nen Ärz­te nie­man­den die­ses Namens fin­den konn­te. Eben­so erstaun­lich ist, dass sie in der Lita­nei ihrer angeb­li­chen Qua­li­fi­ka­tio­nen ihre besuch­ten Uni­ver­si­tä­ten nicht nennt, denen Ame­ri­ka­ner nor­ma­ler­wei­se mit gro­ßem Stolz ver­bun­den blei­ben. Ich ken­ne die recht­li­chen Beson­der­hei­ten von Neu­me­xi­ko nicht hin­rei­chend, um sagen zu kön­nen, ob das Titel­miss­brauch ist, aber es hat einen Geschmack.

Wil­des­ter Misch­kon­sum von ‚all­o­pa­thi­schen‘ Medi­ka­men­ten und homöo­pa­thi­schen Zubereitungen

Nun aber zurück zu Frau Cuo­mo. Die Sache mit dem Bleich­mit­tel ist kei­nes­wegs die ein­zi­ge Absur­di­tät ihrer von Dr. Lan­cas­ter inspi­rier­ten Covid-19-The­ra­pie, son­dern es geht ohne Unter­lass so fort. Schon in der ers­ten Woche, nach der Dia­gno­se ihres Man­nes, ver­öf­fent­lich­te sie eine höchst aben­teu­er­li­che Medi­ka­men­ten­lis­te als „Behand­lungs­pro­to­koll“, eben­falls unter Beru­fung auf Dr. Lancaster:

2 Anti­Vi­ril – 3x täg­lich (Pflan­zen­ex­trakt­kap­seln mit andro­gra­phis [Pflan­zen­tei­le über den Wur­zeln], tar­a­x­cum [gan­ze Pflan­ze], lon­e­ri­ca japo­nica [Blü­ten­knos­pen]) [Der Name ‚Anti­Vi­ril‘ rich­tet sich irgend­wie nicht an ein männ­li­ches Publi­kum, und ich konn­te auch kein Prä­pa­rat die­ses Namens finden.]

1 OKO – 3x täg­lich (stab­li­sier­ter Sau­er­stoff, poten­zier­tes Chi­nin 3x homö­pa­thisch ver­dünnt in Milch­zu­cker) [was sich nicht mit den Inhalts­stof­fen hier deckt, zumal ’sta­bi­li­sier­ter Sau­er­stoff‘ sonst unbe­kannt ist]

3 Kap­pA­rest – 3x täglich

Respi­ra­to­ry Respon­se – 1 vol­le Pipet­te 3x täg­lich (erzeugt aus Pas­si­ons­blu­me, Oli­ven­blät­tern, Kal­megh und anderen)

AlkaC – 3x täg­lich, in Was­ser, mor­gens + abends 6000 mlg [sic, gemeint sind wohl 6000 mg, was für Vit­amin C eine gan­ze Men­ge ist; drei­mal oder zwei­mal täglich?]

Bel­la­don­na (Fie­ber) – 2 Glo­bu­li 3–4x täglich

Par­acet­amol (ein­neh­men wie nötig)

Alle­gra D – 1x täg­lich [dabei han­delt es sich um eine Mischung aus einem Anti­hist­amin und Pseu­do­e­phe­drin, gedacht gegen Ver­schnup­fung und nicht unbe­dingt zum Dau­er­kon­sum geeignet]

Glutat­hion­pul­ver – 1 Löf­fel täg­lich, in Wasser

Vit­amin D – 6000 mg täg­lich [Nahe­zu sicher ein Feh­ler. Viel­leicht sind 6000 IE gemeint, was 0,15 mg wären. 6000 mg auf ein­mal kann man gar nicht so ein­fach kaufen.]

Rhus Tox (Schmer­zen) – 2 Glo­bu­li 3–4x täglich

Gel­se­mi­um (Schüt­tel­frost) – 2 Glo­bu­li 3–4x täglich

Cam­pho­ra (Brust) – 2 Glo­bu­li 2x täg­lich (nicht gleich­zei­tig mit den ande­ren Heil­mit­teln nehmen)

Echinacea/OSHA [gemeint ist wohl Ligusti­cum por­te­ri] Mischung – 1 Pipet­te 3x täglich

CoQ (Anti­oxi­dans zur Unter­stüt­zung des Ner­ven­sys­tems) – 1x täg­lich [gemeint ist wohl Ubichinon-10]

Magne­si­um­ci­trat – 2 beim Zubettgehen

Lin­da Cuo­mos „Behand­lungs­pro­to­koll“ zur Lin­de­rung von Covid-19 bei ihrem Mann, The Purist (Links zu Her­stel­lern mit Inhalts­stof­fen von mir)

Ja, wenn mei­ne Frau mir die­se Mischung ver­ab­rei­chen woll­te, dann bräuch­te ich auch etwas für die „Unter­stüt­zung des Ner­vens­sys­tems“, aber nicht nur etwas homöopathisches.

In die­ser Lis­te fällt zunächst ein­mal die voll­kom­me­ne Sorg­lo­sig­keit der Zusam­men­stel­lung auf, nicht nur nach medi­zi­ni­schen Maß­stä­ben, son­dern auch nach dem „Bin­nen­kon­sens“ der Homöo­pa­then, wie es so schön heißt wenn der Wahn­sinn eine Unter­stüt­zer­grup­pe gefun­den hat.

Es wer­den in wil­des­tem Misch­kon­sum zahl­rei­che „all­o­pa­thi­sche“ (also phar­ma­zeu­tisch wirk­sa­me und im Unver­stand genom­men mög­li­cher­wei­se gefähr­li­che) Medi­ka­men­te wie auch offen­bar homöo­pa­thi­sche Zube­rei­tun­gen genom­men. Beim Vit­amin D muss die Men­gen­an­ga­be ganz offen­sicht­lich um min­des­tens Fak­tor 1000 falsch sein, aber wen stört das schon auf einem Blog, dem ande­re Leu­te mög­li­cher­wei­se die The­ra­pien der Rei­chen nach­ma­chen wol­len? Bei den offen­bar in homöo­pa­thi­schen Zube­rei­tun­gen zu neh­men­den Sub­stan­zen ste­hen die nach homöo­pa­thi­scher Ansicht doch so wich­ti­gen „Poten­zen“, also Ver­dün­nungs­gra­de nicht dabei, und bei den Mar­ken­pro­duk­ten decken sich auch die ange­ge­be­nen Inhalts­stof­fe nicht unbe­dingt mit denen der Her­stel­ler. Aber egal – 40 Pil­len am Tag müs­sen ja wirken.

„Diess ist ver­bre­che­ri­scher Ver­rath an der gött­li­chen Homöo­pa­thie zu nennen!“

In die­ser abso­lu­ten Belie­big­keit ver­las­sen Frau Cuo­mo und Dr. Lan­cas­ter nicht nur alle Leh­ren von Medi­zin oder ein­fach gesun­dem Men­schen­ver­stand, son­dern sogar genau­so die Leh­ren der Homöopathen.

Die Homöo­pa­thie lehnt eigent­lich tra­di­tio­nell die Zuord­nung eines Medi­ka­ments zu einer dia­gnos­ti­zier­ten Infek­ti­on ab und besteht dar­auf, dass man die Krank­heit nur durch die homöo­pa­thi­sche Ana­mne­se des ein­zel­nen Pati­en­ten defi­nie­ren kön­ne – egal. 

Den Misch­kon­sum zahl­rei­cher homöo­pa­thi­scher Prä­pa­ra­te lehnt die Homöo­pa­thie eigent­lich streng ab:

In kei­nem Fall von Hei­lung ist es nöthig und deß­halb allein schon unzu­läs­sig, mehr als eine ein­zi­ge, ein­fa­che Arz­nei­sub­stanz auf ein­mal beim Kran­ken anzu­wen­den. Es ist nicht ein­zu­se­hen, wie es nur dem min­des­ten Zwei­fel unter­wor­fen sein kön­ne, ob es natur­ge­mä­ßer und ver­nünf­ti­ger sey, nur einen ein­zel­nen, ein­fa­chen, wohl gekann­ten Arz­nei­stoff auf ein­mal in einer Krank­heit zu ver­ord­nen, oder ein Gemisch von meh­re­ren, ver­schied­nen. In der ein­zig wah­ren und ein­fa­chen, der ein­zig natur­ge­mä­ßen Heil­kunst, in der Homöo­pa­thie, ist es durch­aus uner­laubt, dem Kran­ken zwei ver­schied­ne Arz­nei­sub­stan­zen auf ein­mal einzugeben

S. Hah­ne­mann: Orga­non der Heil­kunst, §273

Und erst recht natür­lich lehnt sie den Misch­kon­sum „all­o­pa­thi­scher“, also poten­ti­ell wirk­sa­mer, und homöo­pa­thi­scher Medi­ka­men­te ab:

Es gie­bt nur zwei Haupt-Cur­ar­ten: die­je­ni­ge wel­che all’ ihr Thun nur auf genaue Beob­ach­tung der Natur, auf sorg­fäl­ti­ge Ver­su­che und rei­ne Erfah­rung grün­det, die (vor mir nie geflis­sent­lich ange­wen­de­te) homöo­pa­thi­sche, und eine zwei­te, wel­che die­ses nicht thut, die (hete­ro­pa­thi­sche, oder) allöo­pa­thi­sche. Jede steht der andern gera­de ent­ge­gen und nur wer bei­de nicht kennt, kann sich dem Wahne hin­ge­ben, dass sie sich je ein­an­der nähern könn­ten oder wohl gar sich ver­ei­ni­gen lies­sen, kann sich gar so lächer­lich machen, nach Gefal­len der Kran­ken, bald homöo­pa­thisch, bald allöo­pa­thisch in sei­nen Curen zu ver­fah­ren; diess ist ver­bre­che­ri­scher Ver­rath an der gött­li­chen Homöo­pa­thie zu nennen!

S. Hah­ne­mann: Orga­non der Heil­kunst, §52

Die Absur­di­tät die­ser Behand­lungs­me­tho­de besteht also nicht nur nach ratio­na­len, von mir aus „schul­me­di­zi­ni­schen“ Ansich­ten, son­dern geht sogar noch den Leh­ren der Homöo­pa­thie genau­so zuwider.

Ver­ste­hen lässt sich die­ses ‚Pro­to­koll‘ nur in einem Welt­bild, in dem eine gut ver­hei­ra­te­te Blog­ge­rin und eine Schwin­gungs­ärz­tin beru­fen sind, sich wild durch einen Gemischt­wa­ren­la­den angeb­li­cher Heil­mit­tel zu fres­sen und zu baden, von Echinacea bis zur Chlor­blei­che. Für eine Aus­ein­an­der­set­zung mit den Leh­ren der angeb­li­chen ‚Alter­na­tiv­me­di­zin‘ feh­len da genau­so das Inter­es­se und die Vor­aus­set­zun­gen wie für eine Aus­ein­an­der­set­zung mit den ein­fachs­ten natur­wis­sen­schaft­li­chen Gege­ben­hei­ten oder auch nur die Fra­ge nach der anzu­wen­den­den Menge.

Zur Pan­de­mie­kri­se kommt eine Vertrauenskrise

War­um soll­te uns der­ar­ti­ge Absur­di­tät inter­es­sie­ren? Nun, einer­seits hat die­ses Blog einer ein­ge­hei­ra­tet Pro­mi­nen­ten doch eine gewis­se Reich­wei­te, und der Her­stel­ler des belieb­ten Bleich­mit­tels Clorox sah sich bereits ver­lasst, klar­zu­stel­len, dass es weder zu inne­ren noch zur äuße­ren Anwen­dung gedacht sei. Auch die Finan­zie­rung des Blogs ist nicht ganz klar – ver­die­nen die Cuo­mos gar noch an emp­foh­le­nen Life­style-Pro­duk­ten? Ande­rer­seits zeigt es doch eini­ges über das intel­lek­tu­el­le Milieu der Cuo­mos auf. Gou­ver­neur Andrew Cuo­mo muss nicht die Ansich­ten sei­ner Schwä­ge­rin tei­len, hat aber offen­bar auch nicht ver­hin­dert, dass sein Bru­der mit einer aben­teu­er­li­chen Mischung von Pil­len und Haus­halts­rei­ni­ger behan­delt wird. Das weckt zumin­dest Zwei­fel an der medi­zi­ni­schen Urteils­kraft der Krei­se, in denen er sich bewegt.

Wei­ter­hin wirft es ein schlech­tes Licht auf die Qua­li­täts­me­di­en, dass Trumps nai­ver aber im Kern noch irgend­wie ratio­na­ler Vor­schlag tage­lang als Beweis sei­ner angeb­li­chen Dumm­heit falsch zitiert wird, wäh­rend der viel absur­de­re Vor­schlag der Cuo­mos kaum Auf­merk­sam­keit erhält. Genießt die Homöo­pa­thie, selbst in abso­lut unkon­ven­tio­nel­ler Aus­prä­gung, viel­leicht einen Schutz in dem sozia­len Milieu, aus dem sich gro­ße Tei­le der Qua­li­täts­me­di­en rekrutieren?

Und schließ­lich sind der­ar­ti­ge Vor­gän­ge ein guter Grund, dass zur Pan­de­mie­kri­se noch eine Ver­trau­ens­kri­se hin­zu­kommt. Wol­len wir wirk­lich von Men­schen der­ar­ti­ger offen­sicht­li­cher und tota­ler Ahnungs­lo­sig­keit und Ver­blen­dung eine Pan­de­mie ver­wal­ten las­sen? Deut­sche Minis­ter­prä­si­den­ten, wel­che eine Mas­ke unter der Nase tra­gen, wäh­rend sie über den Nut­zen von Mas­ken und den Zwang zu ihrem Tra­gen refe­rie­ren, sind da übri­gens nur begrenzt glaub­haf­ter – man kann das eigent­lich, ins­be­son­de­re im Wie­der­ho­lungs­fall, nur als Spott oder als tota­le Ahnungs­lo­sig­keit inter­pre­tie­ren, ver­mut­lich eher letzteres.