Wenn zwei das­sel­be tun…

Das Echo in den deut­schen Medi­en auf Prä­si­dent Bidens Angriff in Syri­en unter­schei­det sich erstaun­lich von dem­je­ni­gen auf ver­gleich­ba­re Angrif­fe Donald Trumps.

Wenn zwei das­sel­be tun, dann ist es noch lan­ge nicht das Glei­che. Der neue ame­ri­ka­ni­sche Prä­si­dent Joe Biden hat nach einem Monat im Amt einen Luft­schlag gegen Ein­rich­tun­gen der His­bol­lah in Syri­en füh­ren las­sen. Die Bericht­erstat­tung dar­über steht in selt­sa­men Gegen­satz zu der­je­ni­gen über einen ver­gleich­ba­ren Schlag Donald Trumps, der sich damit aber immer­hin etwas län­ger Zeit lies.

Bei Trumps Angriff brach­te der Spie­gel einen Arti­kel, der zwar im Ver­gleich zur sons­ti­gen nahe­zu an den Stür­mer erin­nern­den Het­ze gegen die­sen Prä­si­den­ten noch maß­voll war, aber eine deut­lich nega­ti­ve Per­spek­ti­ve ein­nahm und kri­ti­sche Fra­gen stell­te. Die Fra­ge des Spie­gels nach den Zie­len des Angriffs, nach­dem eine klei­ne­re Zahl Toter und begrenz­te Sach­schä­den Herrn Assad kaum ernst­haft beein­dru­cken wer­den, war sogar rich­tig und legi­tim. Dann ging es aber gleich wei­ter, wenn auch nur im Zitat: „Die gan­ze Ange­le­gen­heit könn­te ‚ein Trick‘ der Rus­sen zuguns­ten Trumps gewe­sen sein, ‚um die Sto­ry zu kil­len, dass er mit Putin im Bett liegt‘, mut­maß­te der MSNBC-Kom­men­ta­tor Chris Matthews.“ Die­se Ver­schwö­rungs­theo­rie war glei­cher­ma­ßen unbe­grün­det wie unverschämt.

Nicht erwähnt wur­de, dass Trumps Angriff die Durch­set­zung einer von sei­nem Vor­gän­ger Oba­ma pro­kla­mier­ten ‚Roten Linie‘ bezüg­lich des Ein­sat­zes che­mi­scher Waf­fen war. Auch wenn Prä­si­dent Trump recht­lich und poli­tisch dar­an natür­lich nicht gebun­den war, stand er doch unter einem gewis­sen Hand­lungs­druck. (Rein finan­zi­ell gese­hen dürf­te die Sache übri­gens mas­siv mit Kano­nen auf Spat­zen, oder mit Prä­zi­si­ons­waf­fen auf min­der­wer­ti­gen Beton, geschos­sen gewe­sen sei. Die Ame­ri­ka­ner sol­len 59 Toma­hawk abge­feu­ert haben, die rund andert­halb Mil­lio­nen pro Stück kosten–für rund hun­dert Mil­lio­nen in rei­nen Muni­ti­ons­kos­ten gab es einen Scha­den, den wohl auch ein Ter­ro­rist mit einem Las­ter und übli­chen, bil­li­gen Agrar­che­mi­ka­li­en hin­be­kom­men hätte.)

Bei Joe Bidens Angriff hin­ge­gen sah sich der Spie­gel jeden­falls bis­her nicht bemü­ßigt, eine irgend­wie gehal­te­ne Ana­ly­se zu brin­gen, und schon gar nicht eine, in wel­cher er insi­nu­ie­ren wür­de, dass da eine Ver­schwö­rung Bidens mit aus­wär­ti­gen Mäch­ten dahin­ter ste­cken wür­de. Statt­des­sen gibt es ledig­lich eine Zusam­men­fas­sung mit Kom­men­ta­ren aus Bidens eige­nem Team: „Gleich­zei­tig sei­en die ver­hält­nis­mä­ßi­gen Angrif­fe bewusst so durch­ge­führt wor­den, um ‚die Lage im Osten Syri­ens und dem Irak zu deeskalieren‘ “.

Nun kann man die Sinn­haf­tig­keit sol­cher sym­bo­li­schen Angrif­fe in der Tat in Fra­ge stel­len. Es ist schwie­rig, sie in eine Stra­te­gie ein­zu­ord­nen, und töd­li­che Gewalt als rein sym­bo­li­sches Pro­jekt ist zwar nicht unbe­dingt sel­ten, aber doch nicht so ein­fach zu recht­fer­ti­gen und zu ver­ant­wor­ten. Dar­um geht es mir aber heu­te nicht. Erstaun­lich scheint mir viel­mehr die Ungleich­heit des Medi­en­echos auf sehr ver­gleich­ba­re Aktio­nen zwei­er ame­ri­ka­ni­scher Prä­si­den­ten. Man wird sehen, ob da noch mehr kommt, oder ob der Unter­schied zwi­schen einem Kriegs­trei­ber und einem Frie­dens­en­gel für die deut­sche Pres­se wirk­lich vor­wie­gend in der Par­tei­zu­ge­hö­rig­keit liegt.