Robert Habeck und die Demokratie

Orwel­lia­nisch: Robert Habeck warnt vor der Umwand­lung der Demo­kra­tie in die Volks­herr­schaft. Das kann man eigent­lich nicht anders ver­ste­hen, als dass die Demo­kra­tie kei­ne sol­che sein solle.

Robert Habeck hat ein Vor­wort zu einer Neu­aus­ga­be von ‚1984‘ geschrie­ben. Damit haben sich ande­re Leu­te län­ger aus­ein­an­der­ge­setzt, als ich es Ihnen und mir antun kann und will, ich habe mir auch zuge­ge­be­ner­ma­ßen das Buch nicht besorgt, aber ich will mir nur eine ein­zi­ge For­mu­lie­rung her­aus­grei­fen, die viel aus­sagt. Herr Habeck warnt vor der fins­te­ren Bewe­gung, die „Demo­kra­tie zu einer Volks­herr­schaft umbau­en wol­le.“ Das muss man sich ein­mal auf der Zun­ge zer­ge­hen lassen.

Nun darf man sogar Herrn Habeck wohl hin­rei­chen­de Kennt­nis­se des Alt­grie­chi­schen zutrau­en, um zu wis­sen, dass ‚Demo­kra­tie‘ wört­lich nichts ande­res als Volks­herr­schaft bedeu­tet, genau­so wie ‚Klep­to­kra­tie‘ die Herr­schaft der Die­be bezeich­net oder ‚Och­lok­ra­tie‘ die Herr­schaft des Pöbels. Wenn er also ande­ren Leu­ten, den Vor­wurf macht, die Demo­kra­tie zur Volks­herr­schaft umbau­en zu wol­len, dann impli­ziert er damit, dass die gegen­wär­ti­ge Demo­kra­tie kei­ne Volks­herr­schaft, folg­lich gar kei­ne Demo­kra­tie sei oder sein sol­le. Man kann es, nimmt man Herrn Habecks War­nung ernst, eigent­lich gar nicht anders inter­pre­tie­ren, als dass das poli­ti­sche Sys­tem Demo­kra­tie hei­ßen, aber kei­ne sein solle.

Die­se Umbe­nen­nung des Gegen­teils von Demo­kra­tie hat natür­lich Tra­di­ti­on. Die Herr­schaft eini­ger Funk­tio­nä­re der Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei nann­te sich ‚Volks­de­mo­kra­tie,‘ also ‚Volks­volks­herr­schaft.‘ Allen war klar, dass mit die­sem Pleo­nas­mus genau das Gegen­teil von Volks­herr­schaft bezeich­net wur­de, und allen war klar, dass man das nicht sagen durf­te. Hat Herr Habeck Ähn­li­ches im Sinn?

Nahe­zu unver­schämt ist aller­dings der Vor­wurf, die Demo­kra­tie zur Volks­herr­schaft umbau­en zu wol­len, aus­ge­rech­net in einem Vor­wort zu ‚1984‘, wel­cher Roman sich ja gera­de mit die­ser Art der Umge­stal­tung von Spra­che als Herr­schafts­tech­nik beschäf­tigt. Herr Habeck hat aus dem Roman ent­we­der nichts ver­stan­den oder alles. In letz­te­rem Fall sei er aller­dings dar­an erin­nert, dass es sich um eine War­nung han­deln soll, nicht um eine Anleitung.

(Da die­ser Arti­kel, wie oben ange­ge­ben, nicht auf der Lek­tü­re des mir nicht vor­lie­gen­den Buches beruht, son­dern auf einem Zitat aus einer Rezen­si­on, steht er natür­lich unter dem Vor­be­halt, dass das Zitat kor­rekt und nicht sinn­ent­stel­lend ist.)