Sip­pen­haft und Verzonung

Der Fuß­ball­spie­ler Alek­sand­ar Katai wur­de wegen angeb­lich ras­sis­ti­scher und sofort zurück­ge­nom­me­ner Äuße­run­gen sei­ner Frau von sei­nem Ver­ein her­aus­ge­schmis­sen. Das erin­nert an die DDR. Die Men­schen wer­den vor­sich­ti­ger wer­den, sich aber dar­an erin­nern, dass man in der Wahl­ka­bi­ne allei­ne ist.

Der Fuß­ball­club (im Sin­ne des euro­päi­schen Fuß­balls) Lox Ange­les Gala­xy hat sich von sei­nem Spie­ler Alek­sand­ar Katai angeb­lich ein­ver­nehm­lich getrennt, ihn prak­tisch gese­hen ver­mut­lich raus­ge­schmis­sen, weil sei­ne Frau Tea sich auf Insta­gram ras­sis­tisch geäu­ßert habe.

Die bei­den bean­stan­de­ten Nach­rich­ten hat sie umge­hend gelöscht, und ich konn­te nur Wie­der­ga­ben von Bild­aus­schnit­ten fin­den. Die eine soll die Auf­for­de­rung „Tötet Sie!“ wohl auf Ser­bo­kroa­tisch (Katai ist Ser­be, aber die Nach­richt war in latei­ni­schen Buch­sta­ben) ent­hal­ten haben. Die ande­re soll eine Hor­de Plün­de­rer beim Aus­räu­men eines Nike-Geschäfts gezeigt haben mit der Beschrif­tung „Black Nikes Mat­ter“. Bei letz­te­rem fällt es mir schwer, Ras­sis­mus zu erken­nen, da die Nach­richt sich doch offen­bar auf den Wider­spruch bezieht, angeb­lich für eine poli­ti­sche Sache ein­zu­tre­ten, dann aber nur zu plün­dern, und das auch noch im Geschäft einer Mar­ke, die sich die­se poli­ti­sche Sache zu ihrer eige­nen gemacht hat. Beim ers­ten Bild ist natür­lich klar, dass die­se Auf­for­de­rung nicht akzep­ta­bel ist, aber ohne das Ori­gi­nal gese­hen zu haben, wür­de ich nicht dar­auf wet­ten, dass sich das wirk­lich auf Demons­tran­ten oder gar Schwar­ze bezog, und nicht bei­spiels­wei­se auf Brandstifter.

„Die­se Ansich­ten wer­den in mei­ner Fami­lie nicht toleriert.“

Noch abschre­cken­der ist aller­dings Katais Abbit­te für Äuße­run­gen sei­ner Frau: „Die­se Ansich­ten […] wer­den in mei­ner Fami­lie nicht tole­riert. Das ist ein Feh­ler mei­ner Fami­lie und ich über­neh­me die vol­le Ver­ant­wor­tung.“ Ja, sind wir denn jetzt so weit, dass ein Ehe­mann ent­schei­den darf, wel­che Ansich­ten sei­ner Frau er „tole­riert“? Lässt er sich wenn sie noch ein­mal so etwas sagt schei­den, oder wird die Frau gezüch­tigt, oder bei­des? Wenn er „die Ver­ant­wor­tung“ über­nimmt, dann muss er ja logi­scher­wei­se die Kon­trol­le aus­üben. Ich kann nicht beur­tei­len, ob Alek­sand­ar Katai glaubt und ver­steht, was er da schrieb, oder ob das nur ein ver­zwei­fel­ter Ver­such war, sei­ne Kar­rie­re zu ret­ten, aber es ist haarsträubend.

In den tota­li­tä­ren Sys­te­men war es üblich, auch Fami­li­en­mit­glie­der für Unar­tig­kei­ten zu bestra­fen, bei­spiels­wei­se mit dem Ver­lust von Arbeits- oder Stu­di­en­plät­zen, für die man auch unter den dor­ti­gen Unrechts­sys­te­men eine for­ma­le Stra­fe der Straf­jus­tiz nicht errei­chen konn­te. Als Eltern­teil in der DDR war man bes­ser vor­sich­tig, was man sag­te, wenn man den Kin­dern nicht den Weg zu Ober­schu­le und Stu­di­um ver­bau­en woll­te. Es wirkt so, als ob das wie­der­kä­me, und zwar die­ses Mal nicht durch die Anord­nung eines auf sowjet­rus­si­sche Bajo­net­te gestütz­ten Gewaltstaats, son­dern durch die durch­ge­hen­de Herde.

Der Radio-Eri­wan-Witz wird viel­leicht als CNN-Witz wiederkommen

Eines aber ist sicher: Die Men­schen wer­den viel­leicht ler­nen, her­un­ter­zu­schlu­cken, was sie sagen wol­len, sei es gerecht­fer­tigt oder nicht, pole­misch oder sach­lich, dumm oder intel­li­gent. Hass wird auf sol­che Wei­se aber nicht redu­ziert, son­dern geschaf­fen. Unter Freun­den wird getu­schelt wer­den, wo die Benut­zung elek­tro­ni­scher Medi­en nicht rat­sam scheint. Der Radio-Eri­wan-Witz wird viel­leicht als CNN-Witz wie­der­kom­men. Die ame­ri­ka­ni­schen Wäh­ler wer­den sich auch dar­an erin­nern, dass man in der Wahl­ka­bi­ne allei­ne ist. Wahl­tag ist Zahltag.