Die Bundeskanzlerin äußerte sich in der ARD-Sendung ‚Farbe bekennen‘ und einer weiteren im ZDF zu allerlei Themen. Drei ihrer Sprüche möchte ich mir herausgreifen:
„Menschen müssen kaufen können“
Ich kann mir nicht helfen, aber das wäre doch ein passender Spruch, den man schon der anmutigen Alliteration Mama Merkels wegen auf großen Spruchbändern über den Supermärkten aufhängen und damit DDR und Bundesrepublik, Sozialismus und Marktwirtschaft in schönster Weise vereinen könnte.
„Konjunkturpogramme haben immer die Eigenschaft, dass sie kurz und einmalig wirken, aber etwas in Gang bringen, was dann weiterläuft“
Das ist der klassische Vorschlag des „priming the pump“, also in eine Schwengelpumpe Wasser einzufüllen bevor man mit ihr Wasser entnehmen kann. Ein einmaliges Konjunkturprogramm soll die Wirtschaft in Schwung und damit auch wieder Steuereinnahmen bringen, so wie die Pumpe erst Wasser braucht bevor sie Wasser gibt. Allgemein verbunden wird diese Idee mit Keynes’scher Makroökonomik, auch wenn Keynes selber den Begriff wohl nicht verwendet hat, dafür aber nach zweihundert Jahren in Gebrauch Donald Trump in Anspruch genommen haben soll, ihn erfunden zu haben.
Nun herrscht keineswegs Einigkeit in der Volkswirtschaftslehre darüber, dass Konjunkturprogramme immer eine dauerhaft positive Wirkung hätten, sondern es gibt auch Ansichten, dass sie lediglich in die Stagflation führen. Die zugehörigen Debatten werden seit einem Jahrhundert geführt, so dass ich hier nicht selber darauf eingehen will, sondern lediglich eine gerappte Ökonomendebatte empfehle:
Andererseits: Kanzlerin Merkel hat mit „etwas in Gang bringen, was dann weiterläuft“ ja gar nicht gesagt, dass das „etwas“ ökonomische Prosperität sei, sondern ihre Aussage würde auch mit in Gang gebrachtem wirtschaftlichem Niedergang erfüllt.
„Dieser Mord an George Floyd ist etwas ganz schreckliches. Rassismus ist etwas ganz schreckliches.“
Hier verknüpft die Kanzlerin eine Binsenweisheit mit der Vorwegnahme des Urteils eines Strafprozesses in einem befreundeten Land mit funktionierenden Gerichten. Es ist keineswegs klar, dass es sich beim Tod George Floyds um „Mord“ und „Rassismus“ handelte, und ein Gericht wird das zu entscheiden haben, insbesondere mit der Möglichkeit für die Angeklagten, sich zu verteidigen. Klar ist hingegen, dass die Vorwegnahme von Strafurteilen in befreundeten Ländern nicht zu den Aufgaben einer Regierungschefin gehört.
Man stelle sich das einmal umgekehrt vor. Sagen wir, bei einer dem Anschein und Bildmaterial nach außergewöhnlich brutalen Aktion eines SEK zwecks Verhaftung eines wegen Gewaltdelikten vorbestraften Reichsbürgers käme dieser ums Leben, obwohl man vermutlich auch einfach hätte klingeln können. Dann stellte sich Präsident Trump ins Fernsehen und erklärte, vor Abschluss der Ermittlungen und vor jeder gerichtlichen Aufarbeitung, das sei ein Mord gewesen. Oder man stelle sich vor, Präsident Trump erklärte, die Todesnacht von Stammheim oder der Einsatz in Bad Kleinen seien Morde gewesen, Thesen die ja einige Leute durchaus glauben, wenn auch ohne Belege und ohne Plausibilität, aber wo man auch keinen hieb- und stichfesten Gegenbeweis führen kann. Ob Kanzlerin Merkel das wohl angemessen finden würde?