„Immu­ni­täts­li­zenz“ und „Coro­na­par­ties“

Sobald Anti­kör­per­tests hin­rei­chen­der Spe­zi­fi­tät für CoV zur Ver­fü­gung ste­hen, ergibt sich ein schwer auf­zu­lö­sen­der Kon­flikt zwi­schen der Frei­heit mut­maß­lich Immu­ner und uner­wünsch­ten Anreizen

Die FAZ berich­tet von Über­le­gun­gen, eine „Immu­ni­täts­li­zenz“ ein­zu­füh­ren, mit­tels derer man Men­schen bestä­ti­gen könn­te, Anti­kör­per gegen SARS-CoV‑2 zu besit­zen, des­we­gen ver­mut­lich immun zu sein, und mit­tels derer die Betrof­fe­nen dann von den Ein­schrän­kun­gen der „Maß­nah­men“ wie­der frei wer­den könn­ten. Damit kommt man in einen Kon­flikt, der kei­ne ein­fa­che Lösung hat.

Einer­seits wer­den mut­maß­lich Immu­ne drin­gendst gebraucht, zuvör­derst in den Gesund­heits­be­ru­fen, aber auch in der Wirt­schaft all­ge­mein. Gleich­zei­tig erscheint es mit zuneh­men­der Dau­er der „Maß­nah­men“ immer schwie­ri­ger, Men­schen, die nach Stand der Wis­sen­schaft kaum ange­steckt wer­den oder jeman­den anste­cken kön­nen, mas­siv in ihren Grund­rech­ten ein­zu­schrän­ken. Man wird also sobald Anti­kör­per­tests hin­rei­chen­der Spe­zi­fi­tät zu Ver­fü­gung ste­hen kaum umhin­kom­men, irgend­ei­ne Rege­lung für mut­maß­lich immun Getes­te­te zu finden.

Uner­wünsch­tes Anreizschema

Damit ergibt sich dann aller­dings ein uner­wünsch­tes Anreiz­sche­ma. Wenn ein jun­ger Mensch gera­de durch die „Maß­nah­men“ sei­ner Exis­tenz beraubt wird, aber mit dem Immun­schein einen exklu­si­ven Markt­zu­gang hät­te; wenn die­ser Mensch (rich­tig oder falsch) sein Risi­ko von Kom­pli­ka­ti­on durch das Virus als sehr gering ein­schät­zen wür­de, viel­leicht auch davon aus­ge­hen wür­de, dass er frü­her oder spä­ter ohne­hin infi­ziert wer­de, weil eine Unter­drü­ckung des Virus bis zum Vor­han­den­sein eines Impf­stof­fes nicht klap­pen wer­de: Wel­chen Anreiz hät­te er dann? Genau. Und die Men­schen gehen um der sozia­len Exis­tenz wegen grö­ße­re Risi­ken ein.

Bis­her war das von den Mas­sen­me­di­en gedro­sche­ne Schlag­wort „Coro­na­par­ties“ eines einer mora­li­schen Panik, offen­bar ange­lehnt an die hirn­ris­si­gen, aber sel­te­nen „Masern­par­ties“ merk­be­frei­ter Eltern. Es gibt kei­ne Anzei­chen, dass sol­che Par­ties mit einem absicht­li­chen Ver­such der Infek­ti­on irgend­wo statt­ge­fun­den haben. Das könn­te sich aller­dings ändern wenn der Immun­schein (in einem gewis­sen Gewer­be viel­leicht sogar als Vor­aus­set­zung des „Bock­scheins“…) die sozia­le Exis­tenz sichern und viel­leicht sogar sonst nicht zugäng­li­che Markt­chan­cen eröff­nen würde.

Eine wirk­li­che Lösung die­ses Pro­blems scheint mir schwie­rig. Die wirt­schaft­li­che Ver­wen­dung und erst recht die Grund­rech­te Immu­ner wie­gen schwer, umso mehr, je län­ger die „Maß­nah­men“ dau­ern. Man wird einem Immu­nen die Ein­schrän­kun­gen schlecht erklä­ren und sie schlecht durch­set­zen kön­nen. Gleich­zei­tig wür­de der sich dar­aus erge­ben­de Anreiz die „Maß­nah­men“ kon­ter­ka­rie­ren. Es dürf­te aller Wahr­schein­lich­keit nach ein brauch­ba­rer Anti­kör­per­test vor einer mas­sen­taug­li­chen Imp­fung zur Ver­fü­gung ste­hen, weil bei letz­te­rer nicht nur die kor­rek­te Funk­ti­on son­dern auch die Sicher­heit geprüft wer­den müs­sen, ein wesent­lich lang­wie­ri­ge­res Unter­fan­gen. Ein theo­re­tisch mög­li­cher Weg wäre die geord­ne­te Wild­west-Metho­de einer absicht­li­chen Inoku­la­ti­on mit einer gerin­gen Virus­last in den Rachen für Frei­wil­li­ge, die dann in Qua­ran­tä­ne gin­gen, aber das wür­fe doch ganz erheb­li­che mora­li­sche, recht­li­che, stan­des­ethi­sche usw. Pro­ble­me auf, dürf­te also wohl eher nicht pas­sie­ren. Man darf gespannt sein.