Coro­nabonds: Kei­ne Eini­gung, son­dern Dauerstreit

Bürg­schaf­ten füh­ren zu Res­sen­ti­ments, nicht nur im Fami­li­en­kreis. Ein bes­se­res Mit­tel zu För­de­rung natio­na­ler Res­sen­ti­ments und des Has­ses als Coro­nabonds kann man sich kaum aus­den­ken. Ein Geschenk ist eine bes­se­re Idee als eine Bürgschaft.

Mit etwas Lebens­er­fah­rung weiß man es: Kaum etwas bie­tet so viel Gele­gen­heit für bit­ters­ten Streit wie die Über­nah­me von Bürg­schaf­ten für Kre­di­te. Das gilt im Fami­li­en­kreis, unter Freun­den, und, ja, auch unter Staaten.

Der Bür­ge hat ein berech­tig­tes Inter­es­se dar­an, den Lebens­wan­del des Schuld­ners zu über­wa­chen und ihn zu einem soli­den Wirt­schaf­ten anzu­hal­ten, das sei­ne Fähig­keit, die Kre­di­te zu bedie­nen, erhält und för­dert. Beim Schuld­ner dage­gen weckt die­se Über­wa­chung natür­li­cher­wei­se Res­sen­ti­ments. Der Bür­ge hat ja noch gar nicht in Leis­tung tre­ten müs­sen, maßt sich aber (aus Sicht des Schuld­ners) trotz­dem an, ihm vor­zu­schrei­ben, was er zu tun und zu las­sen hat. Noch schlim­mer wird es, wenn der Schuld­ner auf die Idee kommt, geplant oder hin­ein­ge­rutscht, dass er vom Bür­gen schon­mal einen Nach­schuss zur ‚Ver­mei­dung eines kurz­fris­ti­gen Liqui­di­täts­eng­pas­ses‘ ver­lan­gen kann, damit immer­hin der Garan­tie­fall nicht oder noch nicht ein­tritt. Ent­spre­chend mies wird die Stim­mung bei Fami­li­en­fei­ern, spä­tes­tens wenn es ein­mal nicht so gut läuft.

In der FAZ schreibt Mar­tin Nettesheim:

Das juris­ti­sche Behar­ren dar­auf, dass die EU-Ver­trä­ge kein Argu­ment für die Her­lei­tung von ‚Pflich­ten­so­li­da­ri­tät‘ begrün­den, wird nichts an der Tat­sa­che ändern, dass vie­le Men­schen in den von Covid-19 beson­ders betrof­fe­nen EU-Staa­ten sich von der Idee der euro­päi­schen Inte­gra­ti­on abwen­den wer­den, wenn ihnen greif­ba­re Hilfs­be­reit­schaft nicht ent­ge­gen­ge­bracht wird.

FAZ, ‚Es geht nur gemein­sam‘, 9.4.2020

Ähn­lich schreibt Nor­bert Rött­gen auf Twitter

Die­se von Herrn Net­tes­heim und Herrn Rött­gen befürch­te­te Abwen­dung wird durch die Ein­ge­hung einer Bürg­schaft, was die soge­nann­ten Coro­nabonds ja im Kern sind, nicht ver­mie­den, son­dern erst her­vor­ge­ru­fen. Natür­lich wird es zu Res­sen­ti­ments auf bei­den Sei­ten füh­ren, wenn Deutsch­land einer­seits für die Schul­den der Süd­län­der haf­tet, ande­rer­seits damit ein berech­tig­tes Inter­es­se haben wird, deren Poli­tik zu kon­trol­lie­ren und spar­sa­mes Wirt­schaf­ten durch­zu­set­zen. Ein bes­se­res Mit­tel zu För­de­rung natio­na­ler Res­sen­ti­ments, und wenn Spar­maß­nah­men weh­tun gar des Has­ses, kann man sich doch kaum aus­den­ken. Was zur Schaf­fung von Einig­keit gedacht ist wird Spal­tung erzeugen.

Nein, im Pri­vat­le­ben wie im Leben der Staa­ten soll­te man mit dem Bür­gen sehr vor­sich­tig sein. Ein Geld­ge­schenk ist im Zwei­fel die bes­se­re Alter­na­ti­ve, denn damit ist der Umfang des Geschenks von Anfang an klar. Der Schen­ken­de läuft nicht Gefahr, der Täu­schung zu unter­lie­gen, eine Bürg­schaft kos­te ihn ja gar nichts, und der Beschenk­te weiß um den Wert des Geschenks, braucht sich aber nicht bei jedem Schritt von einem besorg­ten Bür­gen kon­trol­lie­ren zu las­sen. Die Höhe des Geschenks könn­te dem Markt­wert der Bürg­schaft ent­spre­chen, die man sonst ein­ge­gan­gen wäre, was sich bei Staats­schul­den im Euro­raum leicht anhand von Kurs­dif­fe­ren­zen der Papie­re ver­schie­de­ner Staa­ten ermit­teln lässt.