Die FAZ hat heute einen Artikel ‚Aggressiver Hedgefonds attackiert Wirecard‘. Das ist eine ziemlich kernige Sprache. Der Fonds soll Aktien von Wirecard leer verkauft haben, einem Unternehmen in Turbulenzen, die offenbar mit der Furcht vor Unregelmäßigkeiten in der Unternehmensführung und dem Zahlenwerk des Unternehmens zu tun haben.
Der Artikel unterstellt dem Fonds nicht, zu seiner pessimistischen Position bezüglich Wirecard auf unlauterem Wege, beispielsweise durch verbotene Insiderinformationen, gekommen zu sein. Es wird nicht erklärt, in welchem Sinne der Fonds „aggressiv“ sein soll, und auch nicht, worin die „Attacke“ bestehen soll. Der Verkauf von Aktien ist doch kein persönlicher Angriff, genauso wie der Kauf hoffentlich nicht als persönliche Unterstützung von Freunden im Management befreundeter Unternehmen gedacht ist. Ohnehin braucht es für jeden Verkauf einen Käufer, so dass die Anzahl von „Angreifern“ und „Verteidigern“ in dieser Sichtweise immer identisch wäre.
Ein Fonds, der Unternehmen analysiert, Anteile ihm vielversprechender kauft und Anteile ihm problematisch erscheinender verkauft, tut seine Arbeit. Wenn er dabei nicht nur handelt, sondern auch das Unternehmensmanagement angeht oder andere nach getätigtem Handel von seiner Sicht überzeugen will, dann kann man das „aktivistisch“ nennen. Aktivistische Investoren braucht es auch, denn wenn es nur passive Inhaber von ETF-Anteilen gäbe, dann könnte das Management tun und lassen, was es wollte, so lange es nur nicht den Strafverfolgungsbehörden auffiele.
Würde die FAZ auch schreiben „Aggressive alte Frau attackiert Vermieter“ wenn Frau Erna ihren Vermieter auf das Loch in der Decke hinweist und gegebenenfalls Klage einreicht? Empfindet sie auch ihre eigene Berichterstattung über mögliche Probleme in Unternehmen wie Wirecard als „Attacke“?