Es ist nicht meine Angewohnheit, auf Präsident Trump herumzuhacken. Heute hat er sich aber eine Pressekonferenz geleistet, die schier gar unglaublich war, und nahm eine „vollständige Befugnis“ („the authority is total“) für Regelungen zur Corona-Krise in Anspruch:
Auf die Frage, ob irgendeiner der 50 Gouverneure der Staaten das auch so sehe, antwortete er, das habe er nicht, weil er das nicht zu fragen brauche. Das ist derselbe Präsident, der Tage vorher innerhalb von anderthalb Sätzen zuerst verkündet hat, dass möglicherweise Hunderttausende sterben würden, und anschließend, dass er sich nie mit einem Modell beschäftigt habe, „jedenfalls nicht mit dieser Art von Modell.“
Was, fragt sich Moser, gibt es im Weißen Haus zu rauchen? Man könnte sich trefflich über einige Feinheiten der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Staaten streiten, im Spannungsfeld zwischen der eigentlich vorgesehenen eher schwachen Stellung des Bundes und seinem tatsächlichen, von der Verfassung nicht vorgesehenen Machtzuwachs. Wie es beispielsweise damit aussähe, wenn ein Bundesstaat wesentliche Hindernisse für die Durchreise von einem anderen Bundesstaat in einen dritten Bundesstaat errichten würde, wäre vielleicht juristisch interessant, aber solche Feinheiten wird der Präsident wohl kaum im Kopf gehabt haben. Klar ist jedenfalls, dass der Bund und damit der Präsident nicht die allgemeine Polizeigewalt in den einzelnen Staaten haben, damit auch nicht die Hygienepolizei.
Schlimmer noch als die juristische Fehleinschätzung scheint mir aber die politische. Es werden im Zuge der notwendigen Lockerung der „Maßnahmen“ schwierige Entscheidungen zu fällen sein, die so oder so mit enormen Gefahren verbunden sind. Wer bei klarem Verstand wollte sich dafür die alleinige Verantwortung zuschieben, dazu noch wenn er zur Wiederwahl ansteht, und erst recht noch, wenn er mit seiner Inkompetenz in der Beurteilung der zugrundeliegenden Probleme kokettiert?
Voller Wut mit dem Spielzeughammer auf das Glockenspiel gehauen
Vor zwei Monaten veröffentliche Chaim Noll auf der Achse des Guten einen Artikel über den Regierungsstil Angela Merkels ‚Sie schlägt den Takt mit dem Hammer‘. Merkels Hammer ist dabei ein schwerer, aber leiser. Zu einer solchen Pressekonferenz wie Trump würde sie sich genauso wenig hinreißen lassen wie Cäsar die Königskrone angenommen hat. Trump dagegen hat voller Wut mit dem Spielzeughammer auf das Glockenspiel gehauen.
Das Resultat ist aber ähnlich: Quer durch die westliche Welt sehen wir die ‚Stunde der Exekutive‘, die sich um Gewaltenteilung nicht mehr kümmert, um Grundrechte auch eher weniger, die kraftvoll, aber ohne Plan vorgeht. Amerika hat immerhin außer der Gewaltenteilung zwischen den klassischen drei Gewalten auch noch die zwischen Bund und Einzelstaaten, in gewissem Maße auch noch zwischen Einzelstaaten und Kreisen und Kommunen. Wollen wir hoffen, dass der Amboss hält und vielleicht irgendwann einmal auch ein Werkstück sinnvoll bearbeitet wird.