Letzten Monat wurden in den Vereinigten Staaten 3,9 Millionen Background Checks für Verkäufe von Feuerwaffen durchgeführt. Das ist ein absoluter Rekordwert und rund eine Verdoppelung gegenüber den Werten aus dem Juni der Vorjahre (2,3, 1,9, und 1,9). Während die schwätzende Schicht in den Vereinigten Staaten ganz offen die Abschaffung der Polizei fordert suchen die Bürger Schutz. Mit Sport und Spaß kann man diese Zahlen jedenfalls nicht erklären. Diesem Bild entspricht, dass insbesondere für den Heimschutz geeignete Waffen wie Gebrauchspistolen, Karabiner in .223 oder Repetierflinten bei den einschlägigen Online-Händlern (von denen man aber nicht ins Haus geliefert bekommt, sondern zu einem Händler in seiner Nähe) ausverkauft sind.
Geschätzte zwei Millionen Erstkäufer im Juni
Wer es ohnehin schon mit Waffen hat, der dürfte etwas dieser Beschreibungen schon zu Hause haben, so dass man unterstellen darf, dass es sich bei einem großen Teil der um zwei Millionen höher als normal liegenden Käuferzahl um Erstkäufer handeln dürfte. Dieses Bild verstärkt sich noch durch Zahlen aus dem Staat Illinois. Da braucht man nämlich eine Art Waffenbesitzkarte, um eine Feuerwaffe auch nur ohne Aufsicht anfassen zu dürfen. Die bekommt man auch wenn man nicht vorbestraft oder verrückt ist, aber bei großem Antragsaufkommen kann es dauern. Die Anzahl der Anträge auf diese Karten hat sich im Vergleich zum Vorjahr im Juni verfünffacht. Der Verkauf von speziell zur Verteidigung gedachter Munition (also insbesondere Hohlspitz und Varianten davon für Pistolen) hat sich in manchen Geschäften verzehnfacht und sie ist schwer zu bekommen.
Nun ist der Schritt zur ersten Waffe ja ein etwas komplizierter. Wenn man den Umgang mit Feuerwaffen nicht von den Eltern oder im Militär gelernt hat, dann ist ein Lehrgang sehr stark anzuraten. Damit sah es aber vielerorts wegen des neuen Coronavirus schwierig aus. Außer dieser praktischen Hürde kommen natürlich auch psychologische Berührungsängste dazu, insbesondere wenn man eigentlich in einem Milieu lebt, wo Feuerwaffen nur in Filmen oder vielleicht als Flinte fürs das Tontaubenschießen auf dem Golfplatz vorkommen. Man darf also unterstellen, dass es außer geschätzten zwei Millionen Erstkäufern im Juni auch eine erhebliche Zahl gibt, die gerne würde, aber nicht weiß, wie sie anfangen soll, oder schlicht noch auf nötige Papiere wartet.
Keulenschwingender Steinzeitmensch?
Dazu kommt aber noch eine deutlich größere Hemmschwelle: Unter rund der Hälfte der amerikanischen Haushalte, die (noch) keine Feuerwaffen haben, sind Linksliberale stark überrepräsentiert, deren politische Führer seit langem (schon seit die Demokratische Partei noch die der Sklavenhalter war und nicht linksliberal) den Besitz von Feuerwaffen einschränken wollen. Das Thema ist emotional aufgeladen, nicht nur in Wahlkämpfen. Da ist es natürlich eine Hemmschwelle, sein Selbstbild bezüglich dieses Themas zu revidieren, und zu riskieren, dass einen die Freunde, die das ebenso gesehen haben, jetzt für einen keulenschwingenden Steinzeitmenschen halten.
Dazu äußerte sich ein Antragsteller auf eine solche Waffenbesitzkarte so:
Meine Ansichten haben sich kürzlich geändert, und ich habe akzeptiert, dass der zweite Verfassungszusatz das persönliche Eigentum an und die Nutzung einer Feuerwaffe garantiert. Die jüngsten sozialen Unruhen eines spalterischen Präsidenten, die Pandemie und der dramatische Anstieg der Arbeitslosigkeit sowie die jüngeren sozialen Unruhen wegen der Art, wie wir in diesem Land Polizeiarbeit machen, waren alles Gründe, die Anlass für meinen jetzigen Antrag waren.
Anonymer Antragsteller auf eine Waffenbesitzkarte in Illinios
Nun gut. Wenn man seine Position zum Waffenbesitz revidiert und das in Anspruch nehmen will, was man vor Kurzem noch anderen verbieten wollte, dann müssen wenigstens der Präsident, das Virus und die Polizei dafür verantwortlich sein. Aber immerhin.
Noch lustiger wird es, wenn man seine Waffe nicht nur besitzen, sondern auch in der Öffentlichkeit führen möchte. Dazu ist in vielen Bundesstaaten ein Lehrgang erforderlich, der eigentlich idiotensicher ist und naheliegenderweise als Gruppenveranstaltung angeboten wird. Es war bei diesen Lehrgängen immer schon ein seltsames Phänomen, dass betuchte Linksliberale sich einen Instrukteur zum Privatunterricht gebucht haben, der hoch und heilig versprechen musste, niemandem davon zu erzählen, aber auch das passiert jetzt in Rekordzahlen. Dazu kann man natürlich zur Zeit Angst vor dem Virus als Grund vorschieben, warum man tausend Dollar extra nur dafür zahlt, dass einen niemand bei einem völlig normalen und üblichen Lehrgang sieht.
Es springt auch dem Letzten in die Augen, wer sich weiterhin Schutz erhoffen darf
Hinter diesen neuen Käufen steht zunächst einmal der Wunsch nach Schutz. Der ist mehr als verständlich, wenn der Stadtrat, wie in Minneapolis geschehen, gleichzeitig einen Beschluss fasst, dass die Polizei abzuschaffen sei (wenn auch ohne Details und in der Zukunft), und gleichzeitig seinen eigenen Mitgliedern Mittel für den privaten Wachschutz ihrer Häuser bewilligt. Da springt auch dem Letzten in die Augen, wer sich weiterhin Schutz erhoffen darf, ob das nun ‚Polizei‘ heißt oder anders, und wer nicht.
Was aus diesen Erstkäufern wird, steht dann auf einem anderen Blatt. Bei nicht wenigen dürften die neuen Waffen verstauben, ohne einmal ausprobiert worden zu sein, ohne auch nur passende Munition im Haus zu haben. Andere werden minimal damit Üben gehen, und einige werden auf dem Stand ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht bemerken, und anfangen, die Sache nicht nur aus Notwendigkeit sondern zum Spaß zu betreiben.
Wer will sich vom Flintenopa seine Heimschutzwaffe wegnehmen lassen?
Damit wird es natürlich für die Demokratische Partei im Herbst etwas schwierig. ‚Gun control‘, ihr Begriff für Verbote und Schikanen gegen Waffenbesitzer ist vielleicht nicht so der Bringer im Wahlkampf, wenn Millionen von Bürgern gerade stolze oder auch verschämte neue Waffenbesitzer geworden sind. Auch wer es unter seinen Freunden nicht zugeben will, wird sich in der Wahlkabine doch gut überlegen, ob er dafür stimmen will, sich den Schutz, den er gerade erworben hat, wegnehmen zu lassen.
Dazu kommt, dass Joe Biden in dieser Hinsicht nicht eben vertrauenerweckend wirkt. Von ihm gibt es ein berühmtes Video, in dem er erklärt, warum niemand einen Karabiner brauche:
Sein Vorschlag in diesem Video, dass man keinen Karabiner brauche und stattdessen mit der Flinte auf den Balkon rennen und da wild in die Luft ballern solle, er das auch seiner Frau geraten habe, ist surreal. Es ist nicht nur offensichtlich taktisch hirnrissig, sich selber in eine Ecke ohne Fluchtweg zu treiben und seine Waffe in die Luft leerzuschießen, sondern je nach Umgebung und geladener Munition können damit Unbeteiligte in hunderten Metern Entfernung an ihrem Leben gefährdet werden. Wenn die Polizei (oder bei Bidens die ohnehin schon anwesenden Personenschützer!!) auf einen Notruf reagiert und an der Adresse eine wild in die Gegend schießende Person vorfindet, kann die auch allergisch reagieren. Und schließlich gäbe dieses Vorgehen erheblichen rechtlichen Ärger, aus gutem Grund.
Wer will sich von dem Flintenopa in diesem Video seine Heimschutzwaffe, mit der er im Gegensatz zu den Ratschlägen des Opas verantwortungsvoll umgeht, wegnehmen lassen? Das wird noch lustig.
Zehn Millionen nicht angemeldete Feuerwaffen in Deutschland
Die oben genannte Verlogenheit der Linksliberalen gibt es übrigens auch in Deutschland.
Wenn man nicht verwaltungsnaher Bonze ist, dann führt der Weg zu legal besessenen Schusswaffen, mit denen man weil sie legal sind auch Üben gehen kann, über das Sportschießen oder über die Jagd. Nun hat Deutschland 1,4 Millionen organisierte Sportschützen, während bei den Amerikanern mit der vierfachen Bevölkerung die größten Schießsportverbände wie z.B. die NRA für statisches Scheibenschießen oder USPSA für das dynamische Schießen nur fünfstellige Zahlen von Aktiven haben. Das hängt natürlich auch mit der Funktion von Schützenvereinen als soziale Mittelpunkte, insbesondere in ländlichen Gegenden in Deutschland zusammen, während die Sportverbände in Amerika wirklich nur der Pflege des Regelwerks und der Punktestandverwaltung dienen. Aber es legt doch nahe, dass mit einem liberalen Waffenrecht nicht jeder deutsche Sportschütze weiterhin organisierter Sportschütze wäre, ganz vorsichtig gesagt.
Dazu kommt, dass jedenfalls nach den Schätzungen der (waffenfeindlichen) Small Arms Survey die Anzahl der nicht angemeldeten Feuerwaffen in Deutschland runde zehn Millionen betragen soll, ungefähr das Doppelte der angemeldeten Anzahl in Privatbesitz. Deren Nutzen ist mangels Möglichkeit zum Üben natürlich begrenzt, aber andererseits passiert auch nichts mit ihnen.
Deutsche Politiker sehen es übrigens wie der Stadtrat von Minneapolis. Wer einen Waffenschein (oder als Beamter eine Ersatzbescheinigung des Dienstherrn) hat, soll man nicht erfahren. Es gibt aber berühmte Fälle: Der FDP-Politiker Hans-Otto Scholl hat ja mit einer legal zum Selbstschutz besessenen Schusswaffe auf hirnrissige Weise einen Juwelier überfallen. Claudia Roth ging rechtlich gegen die Behauptung vor, dass sie legal eine Walther PPK trage. In Anbetracht der Harmlosigkeit der Behauptung erinnert einen das an das Sprichwort von den getroffenen Hunden. Genscher erklärte offen, immer eine Pistole getragen zu haben, und dazu noch in der Hosentasche statt in einem geeigneten Holster. Manche Tiere sind eben immer etwas gleicher als die anderen.
Das Bedürfnis existiert auch in Deutschland
Da kann man sich nun schon fragen, wie es kommt, dass in Deutschland Millionen von Bürgern Feuerwaffen besitzen, angemeldet oder nicht, und es keine einzige einigermaßen bedeutsame Organisation für ein liberales Waffenrecht gibt, das auch von keiner Partei vertreten wird. (Die German Rifle Association ist durchaus verdienstvoll, aber das Adjektiv ‚bedeutsam‘ hat sie sich im politischen Betrieb noch nicht verdient.)
Dabei müsste man gar nicht nach Amerika schauen. In Württemberg war der Waffenbesitz bis 1918 über Jahrhunderte verfassungsmäßig garantiertes Bürgerrecht. Was wir fünfzehn Jahre nach der Abschaffung dieses Rechts hatten, ist hinlänglich bekannt, und steht zwar nicht in einem direkten kausalen Zusammenhang damit, aber doch in einem des mangelnden Interesses an individuellen Abwehrrechten. Auch heute bräuchte man nur in die Schweiz, nach Österreich oder nach Tschechien zu schauen, um Beispiele von Nachbarn zu finden, die dem Bürger den Besitz von Feuerwaffen zum Selbstschutz erlauben, im Falle Tschechiens sogar das Führen in der Öffentlichkeit, ohne dass es dadurch zu irgendwelchen sozialen Problemen käme.
Das Bedürfnis existiert, schon der Zahl der umlaufenden Waffen – angemeldet oder auch nicht – nach, auch in Deutschland. Es ist auch berechtigt. In der Stadt braucht man nur daran zu denken, dass die Polizei selbst mit landesweiter Unterstützung mit der „Party- und Eventszene“ offenbar gar nicht klarkommt, sondern selber zum Opfer wird. Auf dem Land messen Sie einmal, sollte sich die Notwendigkeit eines Notrufs bei Nacht ergeben, die Zeit bis zum Eintreffen der Polizei. Als ich einmal im Schwarzwald wegen einer gewalttätigen Auseinandersetzung bei Nacht, in die ich mich wegen ihrer Unübersichtlichkeit nicht einmischen wollte, die Polizei rief, war es eine knappe dreiviertel Stunde. Die Polizei kann da beim besten Willen nicht schützen, sondern bestenfalls den Schaden aufnehmen.
Warum ist es eigentlich anscheinend sozialer Konsens der ausgesprochen Meinung – nicht aber der sich in den Handlungen zeigenden! – in Deutschland, dass nur politik- und verwaltungsnahe Bonzen ihr Leben wirksam schützen dürfen?